09.09.2016

Nachbericht zum Tag der offenen Tür 2016

Hallo zusammen!

Gleich zwei Wendehälse konnten zum diesjährigen Tag der offenen Tür gefangen
werden. Das namensgebende Verwinden des Halses ist eine Abwehrhaltung des
höhlenbrütenden Vogels, der Angreifer an der Brutstätte mit diesen
schlangenartigen Bewegungen in die Flucht schlägt.
Der Tag der offenen Tür 2016 ist wieder erfolgreich beendet worden. Trotz des "suboptimalen" Wetters - wir hatten den wirklich einzigen Regentag in den vergangenen 5 Wochen (!) erwischt - fanden über 100 Besucher den Weg zur Beringungsstation. Wir blicken nun zurück auf diesen Tag.


Regen und wenige Vögel

Trotz durchwachsenem Wetter gut besucht - so das Fazit zum
Tag der offenen Tür 2016 (Foto: Katharina Klein)
Nachdem im vergangenen Jahr am Tag der offenen Tür noch Sonnenschein und Temperaturen über 35°C herrschten, gab es 2016 den Kontrast dazu mit Regenschauern über den kompletten Vormittag. Aber wir kennen es nicht anders: Seit dem ersten Tag der offenen Tür 2009 gab es für die Veranstaltung stets diese beiden Zustände: Unerträgliche Hitze oder Regen. Doch wie sich zeigte, waren auch in diesem Jahr die Besucher wieder hart im Nehmen.


Auch ein junges Braunkehlchen konnte gefangen und beringt
werden. Im Zuge der Veröffentlichung der neuen Roten Liste
der Brutvögel Deutschlands war diese Charakterart der
Feuchtwiesen noch jüngst in der Presse, leider mit schlechten
Aussichten: Ihr Brutbestand ist in Deutschland in extremem
Maße eingebrochen. Die Ursachen liegen dabei vor allem
in einem Lebensraumverlust durch den Wandel der
landwirtschaftlichen Nutzung, weg von extensiver
Beweidung, hin zu Intensivgrünland.
Für die Beringer bedeuten schlechte Wetterbedingungen immer Mehrarbeit, denn dann müssen die Netzkontrollen häufiger durchgeführt werden, um die Vögel so schnell wie möglich zu befreien. Doch das schlechte Wetter machte nicht nur uns das Leben schwer, auch die Zugvögel, die zumeist nachts unterwegs sind, wollten wohl bei der aufziehenden Regenfront nicht so recht losfliegen und machten sich an diesem Tag im IKEA-Biotop etwas rar. Gerade einmal 100 Fänglinge aus 16 Arten gab es über den gesamten Tag zu verzeichnen, deutlich weniger als sonst zu dieser Jahreszeit. Insbesondere zur Vorführung um 11:00 Uhr, während eines stärkeren Schauers, waren leider nur wenige Vögel in den Netzen. Zum Mittag hin verzog sich immerhin der Regen und so blieb es ab ca. 12:00 Uhr auch trocken, was die Vögel auch nachmittags ausgiebig nutzten. So konnten um 14:00 Uhr wieder mehr beringte Vögel präsentiert werden.


Einige Highlights

Ein Eisvogel war das absolute Highlight der Vorführung
am Nachmittag, welches den staunenden Besuchern von
Rolf Klein (sitzend, l.) und Sebastian Kiepsch (sitzend, r.)
präsentiert werden konnte. Gelegenheit für ein
Erinnerungsfoto gab es natürlich auch!
(Foto: Josef Huwer / Christina Klein)
Aus ornithologischer Sicht gab es trotz der geringen Fangzahl doch einige Höhepunkte. Schon vor Eintreffen der ersten Besucher konnten in der Morgendämmerung eine Wasserralle und 2 Blaukehlchen gefangen und beringt werden. Über den Tag kamen dann auch noch 2 Wendehälse, ein Braunkehlchen und ein Eisvogel dazu. Vor allem Letztgenannter sorgte bei den Besuchern der Nachmittagsvorführung für Erstaunen und Begeisterung, denn viele hatten den farbenprächtigen Fischjäger noch nie aus der Nähe zu Gesicht bekommen.


Gut besuchte Wanderung

Rolf Klein (l.) erläutert den Besuchern die besondere Lage
des IKEA-Biotops inmitten der vom Menschen geprägten
Landschaft des Saartals.
Die seit einigen Jahren angebotene Kurz-Wanderung rund um das IKEA-Biotop lockte auch in diesem Jahr wieder knapp 30 Interessierte an, die den Weg sogar trockenen Fußes zurücklegen konnten. Unter der Leitung von Rolf Klein und Sebastian Kiepsch konnten die Teilnehmer das Biotop von allen Seiten bestaunen und viel Wissenswertes über den Standort, die Lebensräume und die typischen Arten erfahren. 
Eine Sache fiel dabei auch zahlreichen Besuchern ins Auge: Der Blick ins Biotop ist nur noch an ganz wenigen Stellen möglich, was vor allem an der zunehmenden Verbuschung des Feuchtgebiets liegt - eine Problematik, die bereits oft von uns thematisiert wurde. Dass diese Entwicklung in den letzten Jahren so rasant zugenommen hat, ist für uns besorgniserregend.

Danke!

An dieser Stelle möchten wir uns nochmal bei allen bedanken, ohne die der Tag der offenen Tür nicht möglich gewesen wäre:
  • Zunächst natürlich bei den Besuchern, die auch bei Regen den Weg zu uns fanden.
  • Allen, die uns sogar eine Spende machten - Danke für Ihren Beitrag, durch den wir unsere Arbeit auch weiterhin aufrecht erhalten können!
  • Den Kuchenspendern, die bis teilweise spät abends noch in der Küche standen!
  • Allen Helfern, die teils über mehrere Tage vorbereitet und geplant haben oder einfach auch spontan angepackt haben. Ohne euch wäre diese Veranstaltung nicht möglich! 
Wir hoffen, Ihnen hat unser Tag der offenen Tür 2016 ebenso gefallen wie uns. Wir würden uns freuen, wenn wir bei Ihnen die Lust geweckt haben, auch selbst aktiv zu werden in unserem Team. Auch für ihr Feedback zur Veranstaltung unter info@beringung-saar.de sind wir dankbar!

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch

16.08.2016

Ankündigung: Tag der offenen Tür 2016

Das Team der Beringungsstation lädt alle Interessierten herzlich ein zum 6. Tag der offenen Tür:

Zwei Eisvögel waren unter den Publikumslieblingen beim letzten Tag der offenen Tür 2015
Am Sonntag, den 04.09.2016, von 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr
An der Beringungsstation „Mittleres Saartal“, Im Hader, Saarlouis-Lisdorf
hinter dem IKEA-Komplex, an der Lieferantenzufahrt. Parkmöglichkeiten bestehen vor Ort bzw. auf den IKEA-Parkplätzen (Link für Routenplaner)

Im Rahmen unseres Tags der offenen Tür bieten wir der breiten Bevölkerung einen Blick hinter die Kulissen der Beringungsstation und einzigartige Naturerlebnisse. Bestaunen Sie die einheimische Vogelwelt hautnah und lernen Sie die Eigenarten, Besonderheiten und interessanten Lebensweisen der verschiedensten Vogelarten kennen.

Programm:

09:00 Uhr, 11:00 Uhr, 14:00 Uhr - Öffentliche Beringungsvorführungen (Dauer ca. 1-1,5 Stunden) mit verschiedensten Vögeln aus nächster Nähe.
Hier erfahren Sie Wissenswertes zu Vogelberingung, Biotop, Artenvielfalt und alles rund um die Arbeit an der Station. Natürlich gibt es auch zahlreiche Vögel zu sehen (und zu fotografieren).

12:30 Uhr - Geführte Kurz-Wanderung „rund um das Biotop“ (Dauer ca. 1 Stunde) mit Vorstellung des Biotops, seiner Lebensräume und seiner Umgebung.
Leider ist das IKEA-Biotop selbst zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Dennoch besteht die Möglichkeit, von außen an der einen oder anderen Stelle einen Blick hinein zu werfen. Unter fachkundiger Führung erhalten Sie Informationen zu Biotoptypen, typischen Arten (auch außerhalb der Vogelwelt) und der einzigartigen Lage des Biotops inmitten des städtischen Umfelds.

09:00-16:00 Uhr - Gelegenheit zum Blick ins IKEA-Biotop von unserem Aussichtsturm.
Unser Beobachtungsturm steht Ihnen ganztägig offen, auch mal einen Blick in das IKEA-Biotop zu werfen. Vielleicht können Sie ja die eine oder andere schöne Beobachtung machen!

Auch außerhalb der Vorführungen und Exkursion steht ihnen unser Team natürlich gerne Rede und Antwort zu Ihren Fragen.

Für das leibliche Wohl ist wie immer auch bestens gesorgt. Getränke, Kaffee, Kuchen und Grillwürstchen stehen wie auch bei den vergangenen Malen bereit.

Der Eintritt und die Teilnahme an Vorführungen und Exkursionen sind natürlich kostenlos.

Aufruf: Beringungshelfer gesucht!

Die Beringungsstation "Mittleres Saartal" sucht dringend Verstärkung für ihr Team. Speziell zum Herbstzug von August bis November werden helfende Hände dringend benötigt, um die Arbeit der letzten Jahre fortführen zu können.

Was Sie erwartet:
  • Mitarbeit in einem ehrenamtlichen, engagierten Team
  • Praktische Arbeit für den wissenschaftlichen Naturschutz im Saarland
  • Spannende Beobachtungen, Fänge und einzigartige Einblicke in die Vogelwelt
  • Da ehrenamtlich: Flexible Beringungszeiten, meist am Wochenende.
Was Sie mitbringen sollten:
  • Bereitschaft, sich ehrenamtlich und ohne Vergütung einzubringen und Teil des Projekts zu werden.
  • Durchhaltevermögen, um die nötigen Fertigkeiten und Abläufe zu erlernen.
  • Sorgfalt und Zuverlässigkeit, da Sie mit lebenden Tieren arbeiten
  • Körperliche Belastbarkeit, da der auf weiten Teilen unbefestigte Rundgang durch das Gebiet auch kräftezehrend ist
  • Idealerweise bereits Kenntnisse der Vogelwelt oder sogar Beringungserfahrung, beides ist aber nicht unbedingt erforderlich
  • Gummistiefel ;)
Wenn Sie neugierig geworden sind und Interesse an einer Mitarbeit haben, kontaktieren Sie uns einfach kurz unter info@beringung-saar.de. Wir freuen uns auf Ihre Antworten!


Mehr Informationen zur Station:


Auch ein Rohrschwirl konnte beim
Tag der offenen Tür 2015
beringt werden. Dieser unscheinbare,
braune Schilfbewohner wird im Saarland
fast ausschließlich durch die
Beringung nachgewiesen
Seit 2008 besteht die NABU-Beringungsstation "Mittleres Saartal". Die rein ehrenamtlich betriebene Station ist Forschungs- und Bildungsstätte zugleich und ist eines der Großprojekte des NABU Saarland.
Über die letzten Jahre zur größten süddeutschen Vogelberingungsstation herangewachsen und liefert wertvolle wissenschaftliche Daten für regionale und überregionale Studien. Jährlich werden vor Ort ca. 10.000 Vogel gefangen, mit einem individuell gekennzeichneten Ring beringt, vermessen und wieder frei gelassen. Mittlerweile konnten so 173 Vogelarten im IKEA-Biotop nachgewiesen werden, von denen auch 113 gefangen und beringt werden konnten - darunter 5 Arten, die zuvor noch nicht im Saarland nachgewiesen waren.

Neben der wissenschaftlichen Arbeit legt das Team der Beringungsstation viel Wert auf umweltpädagogische Arbeit und stellt die interessante, herausfordernde und spannende Tätigkeit eines Vogelberingers im Rahmen von Beringungsvorführungen interessierten Gruppen vor.


Wir hoffen auf zahlreiche Besucher, gutes Wetter und natürlich auch spannende Fänge. Über Ihr Kommen würden wir uns sehr freuen!

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch & Rolf Klein

01.06.2016

Jahresbericht 2015

Hallo zusammen!

Zwergammer, beringt am 07.11.2015 - eines der Highlights des Jahres 2015.
Dritter Nachweis im Saarland nach den beiden Fängen 2001 bzw. 2011.
Mit einiger Verspätung, aber dafür umso umfangreicher folgt der angekündigte Jahresbericht 2015 der NABU-Beringungsstation. Wir blicken zurück auf eines der erfolgreichsten Jahre unserer Arbeit, das nur durch den ehrenamtlichen Einsatz zahlreicher Personen möglich war. Neben der Fortsetzung unserer langjährigen Erfassungsprogramme stand 2015 im Zeichen einiger Veranstaltungen an der Beringungsstation. Auch die pädagogische Arbeit, seit jeher ein großes Anliegen unseres Teams, konnte erfolgreich fortgesetzt werden.


Überblick über die Tätigkeit 2015

Netzschneise mit einigen gefangenen Vögeln.
An Massentagen des Herbstzugs sind 20 Fänglinge pro
Netz möglich. Bei 40 Netzen sollten idealerweise 6-7
Personen mithelfen. Nur selten war dies 2015 gegeben.
Die personelle Lage an der NABU Beringungsstation "Mittleres Saartal" war zum Jahreswechsel 2014/15 äußerst angespannt. Der Kern der NABU Beringungs-AG, welche die Station betreut, ist auf sechs Personen geschrumpft, von denen drei nur noch selten die Zeit für lange Beringungsaktionen aufbringen können. Dementsprechend fehlten bis zu fünf Beringungshelfer, was sich insbesondere an den stärksten Tagen des Jahres zeigte. Die Zielsetzung 2015 lag aus diesem Grund auch primär auf der bestmöglichen Fortführung der drei Erfassungsprogramme (Brutzeit, Frühjahrszug, Herbstzug), mit einem Fokus auf dem Herbstzug, der die individuenstärkste und artenreichste Phase des Jahres ist.

Das Ergebnis eines einzigen Rundgangs im August:
Ca. 150 Fänglinge warten in Stoffsäckchen an der
Beringungsstation auf die Beringung.
Insgesamt wurde an 141 Tagen des Jahres beringt, an den meisten davon nicht ganztägig. Der gesamte Zeitaufwand betrug zusammengerechnet ca. 1.700 Stunden, was in Vorjahren oft deutlich übertroffen wurde.Trotz der reduzierten zeitlichen Abdeckung gelang das zweitstärkste Fangergebnis nach dem Rekordjahr 2010. Dies lässt sich nicht zuletzt durch die große Anzahl an Massenzugtagen begründen. Ganze zehn Mal wurde die Marke von 250 Neuberingungen an einem Tag geknackt, fünf Mal davon waren es sogar über 300 Individuen. Der stärkste Fangtag im vergangenen Jahr war der 29.08.2015 mit 385 gefangenen Individuen (Beringungen + Kontrollfänge). Erwähnenswert ist hier auch eine extrem starke Zugwelle Ende Oktober, was in dieser Ausprägung so bislang einmalig war: 327 Individuen konnten z.B. am 24.10.2015 gefangen werden, der stärkste Tag, der je im Oktober registriert wurde.

Hier eine Zusammenfassung der Ergebnisse des letzten Jahres:
  • 10.088 Individuen beringt
  • 83 Arten beringt
  • 2.730 Kontrollfänge bereits beringter Vögel
  • 274 Altfänge (beringt vor 2015) 
  • 34 Fremdfänge anderer Beringer) u.a. aus Schweden, Norwegen, Finland, Litauen, u.v.a.


Veranstaltungen/Pädagogische Arbeit 2015

Bei den ca. 20 Beringungsvorführungen 2015 konnten vor
allem Kinder und Jugendliche einen Einblick in die
Artenvielfalt im IKEA-Biotop gewinnen
Seit Bestehen der NABU Beringungsstation wird neben der wissenschaftlichen Tätigkeit vor allem auch Umweltpädagogik betrieben, um insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ein Bewusstsein für die heimische Natur und Artenvielfalt zu schaffen. Doch auch Erwachsene wurden im Rahmen der ca. 20 (!) Beringungsvorführungen des vergangenen Jahres über die Arbeit unseres Teams informiert. Darüber hinaus sind einige Veranstaltungen erwähnenswert, an denen das Team der Beringungsstation mitwirkte bzw. die direkt von uns organisiert wurden:

Hoher Besuch zum Tag der Artenvielfalt 2015:
Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (r.) stattete
der Beringungsstation einen Besuch ab.
Den Anfang machte der GEO Tag der Artenvielfalt vom 26.06.-27.06.2015, wir berichteten. Diese alljährliche Veranstaltung, organisiert durch die Delattinia (Naturforschende Gesellschaft des Saarlands), fand 2015 in Saarlouis statt, der ornithologische Teil wurde an der Beringungsstation ausgegliedert. Erwähnenswert ist auch die Durchführung eines Erlebniscamps für Kinder und Jugendliche, an dem das Team der Beringungsstation mitwirkte.

Die einzige Veranstaltung außerhalb der Beringungsstation fand am 22.07.2015 im Rosseltal bei Großrosseln statt. Dieses ehemals durch die Folgeschäden des Bergbaus geprägte Flusstal wurde bis 2005 aufwendig durch die RAG AG in Kooperation mit NABU und dem Umweltministerium des Saarlands renaturiert. Zum 10-jährigen Jubiläum des erfolgreichen Abschlusses der Arbeiten wurde im Rahmen einiger Vorführungen die wieder vorhandene Artenvielfalt gefeiert. Das Team der Beringungsstation beteiligte sich mit einer mobilen Beringungsaktion.

Bei einer mobilen Beringungsaktion im Rosseltal zwischen
Ludweiler und Großrosseln gelang u.a. auch ein Kontrollfang
eines in Saarlouis-Lisdorf beringten Eisvogels.
Wie in den Vorjahren gab es auch am 30.08.2015 wieder einen Tag der offenen Tür der Beringungsstation, an dem trotz Temperaturen von über 35 °C knapp 200 Besucher den Weg zu uns fanden, siehe auch unser Bericht dazu. Auch 2016 ist wieder ein Tag der offenen Tür geplant.

Ein Novum gab es am 10. und 11.10.2015 mit einem Seminar für Beringer. In Kooperation mit dem Proring e.V. wurde unter dem Titel "Alters- und Geschlechtsbestimmung an Singvögeln" ein praktischer Workshop an der Beringungsstation veranstaltet, zu dem eine kleine Gruppe von 10 Beringern aus ganz Deutschland angereist war. Einen Bericht zu dieser Veranstaltung gibt es hier.


Zum Zustand des IKEA-Biotops

Die 2014 umgestaltete Flachwasserzone entwickelte
sich zunehmend positiv. Bei fallendem Wasserstand
wurden zahlreiche Vögel bei der Nahrungssuche an den
Schlickflächen und Wasserlachen beobachtet.
Die NABU Beringungs-AG betreut neben der Beringungsstation auch das dazugehörige Projektgebiet des sogenannten IKEA-Biotops, welches in das "Natura 2000"-Schutzgebietsnetz integriert ist. Neben der Begutachtung des Zustands werden auch Pflegemaßnahmen durchgeführt, die den Charakter des Gebiets erhalten sollen.

Seit der Schaffung des IKEA-Biotops 1997 ist das Gebiet einem stetigen Wandel unterworfen. Das ursprüngliche Konzept einer offenen Wasserfläche mit Schilf- und Seggenflächen ist bis heute noch in weiten Teilen erhalten geblieben, jedoch gibt es auch Probleme, die auf längerfristige Sicht diesen Zustand gefährden: Verlandung und Sukzession (= Fortschreiten der Vegetation).

Bruchwasserläufer, beringt am 22.08.2015
Durch lange Trockenheit fielen große Teile der Wasserfläche
trocken, was für Watvögel jedoch auch eine willkommene
Rastmöglichkeit darstellte.
Durch Biomasseeintrag und fliegende Sedimente nahe gelegener Baustellen verlandete die Wasserfläche über Jahre hinweg zusehends. Das IKEA-Biotop als künstlich geschaffene Ausgleichsfläche ist ferner auch nicht den natürlichen Hochwässern unterworfen, diese werden durch die Kanalisierung der Saar und die nahe gelegene Staustufe verhindert. Daraus resultierend sank die Wassertiefe in gerade einmal fünf Jahren von ehemals ca. 1,50 m auf nur noch 1 m ab. Besonders deutlich wurde dies zum extrem niederschlagsarmen Hochsommer 2015, als zum ersten Mal seit Bestehen des Gebiets große Teile der Wasserfläche trocken fielen. Aus unserer Sicht ist hier in absehbarer Zeit ein Eingriff mit schwerem Gerät unausweichlich, um durch Abtrag von Erdmassen die Wasserfläche wieder zu vertiefen.

Das IKEA-Biotop im Juni 2015 - Speziell in den trockeneren Bereichen des
Schilfgürtels sind in den vergangenen Jahren vermehrt Weiden herangewachsen,
die es in den kommenden Jahren in Pflegemaßnahmen zu entfernen gilt.
Die Vegetation im IKEA-Biotop ist naturgemäß äußerst vielseitig, da im Gebiet lokal die Bedingungen in Feuchtigkeit, Nährstoffreichtum und Exposition stark variieren. Neben Schilf und Feuchtgräsern gibt es auch trockenere Wiesenflächen, Hecken und Gebüsche sowie auwaldähnliche Bereiche mit Erlen und Weiden. Speziell in den letzten Jahren ist mit der zunehmenden Verlandung auch ein deutlicher Aufwuchs von Gehölzen inmitten des Schilfs zu bemerken. Einige Teile des Schilfgürtels wurden sukzessive von Weiden verdrängt, auch die einzige große Rohrkolbenfläche des Gebiets ist durch neu aufwachsende Jungweiden bedroht. Eine dauerhafte pflegerische Betreuung der betroffenen Bereiche ist aus unserer Sicht die einzig sinnvolle Maßnahme, um einen Strukturverlust zu verhindern. (Anm.: Anfang 2016 wurde wieder eine Pflegemaßnahme durch das Team der Beringungsstation durchgeführt!)

Umgeknickter Altschilf im Februar 2015
Die Folgen dieser wetterbedingten Schäden waren noch bis
zum Herbstzug anhand der Beringungsdaten messbar.
Weiterhin wurden im Winter 2014/15 massive Schäden am Bestand des Altschilfs festgestellt. Offenbar durch Stürme und Frost waren knapp 20% der Schilffläche in Bodennähe abgeknickt, was mit einem Verlust an Nist- und Rastplätzen für Feuchtgebietsvögel einherging (siehe wissenschaftliche Ergebnisse). Im Laufe des Jahres regenerierte sich der Schilfgürtel wieder deutlich, so dass wir keine Folgeschäden für die nächsten Jahre erwarten.


Wissenschaftliche Ergebnisse

Besondere Nachweise 2015

Die Krickente konnte erst zum zweiten Mal
im IKEA-Biotop gefangen werden
Unter den mehr als 10.000 neu beringten Vögeln des vergangenen Jahres waren auch zahlreiche Seltenheiten. Wir freuen uns vor allem über zwei Drittnachweise und zwei Viertnachweise für das Saarland und einen interessanten Hybriden.

Beginnen möchten wir diesen Abschnitt jedoch mit zwei eigentlich recht häufigen Arten, die jedoch beide erst ein einziges Mal von uns beringt werden konnten: Die Krickente und der Mittelspecht. Bei beiden gelang 2015 der jeweils zweite Fang im Gebiet. Der Mittelspecht als Bewohner älterer Laubwälder wurde als biotopfremde Art 2007 erst ein einziges Mal im Gebiet nachgewiesen, damals ebenfalls durch Fang und Beringung. Krickenten sind zwar häufiger im Biotop zu beobachten, werden aber aufgrund ihrer Größe in aller Regel nicht gefangen.

Hybrid Rauch- X Mehlschwalbe
Ein Massenzugtag der Rauchschwalbe bescherte ein weiteres Highlight des vergangenen Jahres. Am 28.08. konnte die Rekordzahl von 243 Rauchschwalben beim Schlafplatzanflug gefangen und beringt werden, soviele wie nie zuvor an einem einzigen Tag. Darunter befand sich neben einen Fremdfang der Vogelwarte Brüssel auch ein Hybrid aus Rauch- X Mehlschwalbe. Dieser Mischling zeigt intermediäre Maße und Merkmale beider Arten, wie den braunen Kehlfleck der Rauchschwalbe und den weißen Bürzelfleck sowie die befiederten Füße der Mehlschwalbe. Dieser Hybrid ist in der Literatur bereits bekannt und tritt regelmäßig, aber nur in geringer Zahl auf. Im IKEA-Biotop ist dies bislang aber der einzige Nachweis.

Sprosser, beringt am 22.08.2015. An diesem Tag konnten
sogar beide Individuen im Biotop nachgewiesen werden.
Mit gleich zwei Sprossern gelangen im vergangenen Jahr der Dritt- und Viertnachweis dieser Art für das Saarland (16.08., 22.08.). Dieser östliche Verwandte der Nachtigall wurde bereits zwei Mal im IKEA-Biotop gefangen und beringt, 2015 gab es nun sogar zwei Exemplare in einem Jahr. Besonders interessant war auch die lange Verweildauer eines Individuums im Saarland, das von 16.08.-08.09. anwesend war. Der Einflug dieser östlichen Art war auch überregional zu bemerken, z.B. konnte ebenfalls am 22.08. in Schifflange/Luxemburg ein Sprosser gefangen und beringt werden, ein Erstnachweis für das Großherzogtum.

Gelbbrauen-Laubsänger, beringt am 11.10.2015
Nach den beiden Nachweisen des letzten Jahres das
dritte Exemplar für die NABU Beringungsstation
Ein weiterer saarländischer Drittnachweis gelang unerwartet fast schon zum Saisonende am 07.11.2015 mit einer Zwergammer (Foto s.o.). Nach den beiden Fängen 2001 und 2011 ist dies schon der dritte Nachweis dieser Art für das IKEA-Biotop.

Last but not least wurde am 11.10.2015 erneut ein Gelbbrauen-Laubsänger gefangen. Nach den beiden Fängen 2014 ist dies der dritte Nachweis im Gebiet und der vierte Nachweis für das Saarland - allesamt durch Beringung erbracht!


Häufige Arten - Gewinner und Verlierer

Seit jeher sind häufige Arten im IKEA-Biotop von großem wissenschaftlichen Interesse, da diese Daten weniger methodischen Schwankungen zwischen den Jahren unterworfen sind. Daraus resultierend lassen sich Fangzahlen sehr häufiger Arten als Indikator für Veränderungen des Gebiets heranziehen. Der kurzfristige Verlust an Schilfgebieten im Winter 2014/15, aber auch der langfristige Wandel in der Vegetation (siehe "Zum Zustand des Biotops") schlugen sich im vergangenen Jahr  deutlich auf die Beringungszahlen dieser Arten nieder.

Die Top-4-Arten 2015 - Gewinner und Verlierer:
Teichrohrsänger (o.l.) und Rohrammer (M; o.r.) nehmen ab,
Mönchsgrasmücke (M&W; u.l.) und Rotkehlchen (u.r.) mit
Zugewinnen gegenüber 2014
Die bemerkenswerteste Entwicklung gab es aus unserer Sicht an der Spitze: Zum ersten Mal seit Beginn der Beringungstätigkeit im Gebiet ist die häufigste Art des Jahres keine Feuchtgebietsart! Diesen Titel gibt es 2015 für die Mönchsgrasmücke, welche den Teichrohrsänger, der knapp 20% der Fangzahl gegenüber 2014 einbüßt, auf Platz zwei verdrängt.

Auf den Plätzen drei und vier landen das Rotkehlchen und die Rohrammer. Auch hier ist zu bemerken, dass die Rohrammer enorme Verluste zum Vorjahr zeigt, was jedoch auch teilweise durch die geringere Zahl an Fangtagen 2015 zu begründen ist.

Bereits seit Jahren beobachten wir die starke Zunahme von Grasmücken im IKEA-Biotop. In der Saison 2015 setzte sich dieser Trend fort und es gab wieder Rekordzahlen bei Mönchs-, Dorn- und Klappergrasmücken. Die vorwiegende Ursache ist hier wohl ebenfalls die eingangs erwähnte Sukzession:  Grasmücken bevorzugen Lebensräume mit Hecken, auch für ihre Rast. Mit dem Aufkommen immer größerer Gebüsche steigt auch die Zahl der rastenden Grasmücken. Die gleiche Entwicklung deutet sich im Übrigen auch im Brutbestand des IKEA-Biotops an (siehe Ergebnisse Brutzeit).

Fangzahlen der vier Grasmückenarten im IKEA-Biotop und Trends (rot: Jahresrekord)
Die Fotos zeigen Mönchsgrasmücke (M; o.l.), Garten-, Dorn- und Klappergrasmücke (u., v.l.n.r.)

Mittelhäufige Arten - Ein Überblick 
 
Waldarten wie der Waldbaumläufer zeigten 2015 einen
überdurchschnittlich starken Zug im IKEA-Biotop.
Für viele Arten zeigte sich 2015 keine signifikante Abweichung zu den Vorjahren, bemerkenswert war jedoch das invasionsartige Auftreten zahlreicher Waldvogelarten im IKEA-Biotop. Nachdem 2010 bereits ein Einflug von typischen Waldvögeln dokumentiert wurde, gab es im vergangenen Jahr ebenfalls ein solches Phänomen. Allen voran die oben erwähnten Rotkehlchen, aber auch Blau-/Kohl- und Tannenmeisen wurden zum Herbstzug von Mitte September bis Ende Oktober in großer Zahl beobachtet und teils auch gefangen und beringt. Auch ganze vier Waldbaumläufer konnten beringt werden, mehr als in allen vorangegangenen Jahren zusammen. Interessant in diesem Kontext war auch der Fremdfang einer Kohlmeise aus Litauen, der aufzeigt, welche Zugstrecken von diesen teilziehenden Populationen zurückgelegt werden.

Das häufige Auftreten der Beutelmeise 2015 deutet auf ein
gutes Brutjahr dieser Art in den Brutgebieten hin. Im
Saarland ist diese Art nur noch zur Zugzeit anzutreffen.
Ein herausragendes Fangjahr konnte bei den Beutelmeisen verzeichnet werden, mit 103 Neuberingungen. Die Beutelmeise ist im IKEA-Biotop die Art mit der höchsten Quote an Fremdfängen, im Schnitt ist eine von 14 Beutelmeisen bereits anderenorts beringt worden, was in dieser Höhe einmalig ist! Auch 2015 wurden neben den Neuberingungen ganze 13 Fremdfänge (11x Paris, 2x Hiddensee) registriert. Wir vermuten hinter der hohen Zahl an Fänglingen einen guten Bruterfolg dieser Art im vergangenen Jahr.

Eisvögel sind mittlerweile fast ganzjährig im IKEA-Biotop
anzutreffen. An Spitzentagen wurden 2015 bis zu sieben
verschiedene Individuen festgestellt.
Eine weitere Art mit erstaunlichen Zugewinnen ist der Eisvogel, der ganze 62 Mal beringt werden konnte. Teilweise wurden sieben verschiedene Exemplare an einem Tag im gerade mal fünf Hektar großen Gebiet festgestellt. Dies demonstriert eindrucksvoll die Bedeutung des IKEA-Biotops für diese Art. Interessant war auch der Kontrollfang eines von uns beringten Eisvogels während der mobilen Beringungsaktion im Rosseltal, was die noch vorhandene Vernetzung der punktuellen Feuchtgebiete im größtenteils durch Siedlung und Industrie geprägten Saartal aufzeigt.

Ein weniger erfreulich Bild zeigte sich bei der Uferschwalbe, einem der größten Verlierer der letzten Jahre. Bereits seit 2011 verzeichnen wir einen kontinuierlichen Abfall der Fangzahlen bei vergleichbarer Fangintensität. Die Gründe dahinter liegen wohl im bundesweiten Trend dieser Art, die überall mit starken Abnahmen im Bestand zu kämpfen hat, nicht zuletzt durch Lebensraumverlust. Im vergangenen Jahr wurden an der Beringungsstation lediglich drei Individuen gefangen!

Fangzahl der Uferschwalbe seit 2009

Projektarten Feldlerche und Fitis

Bei den Feldlerchen gab es das zweitstärkste Fangjahr
seit Beginn der systematischen Erfassung 2012.
Auch den ersten Wiederfund gibt es zu verzeichnen.
Die seit 2012 laufende Erfassung des Herbstzugs der Feldlerche wurde auch 2015 fortgeführt. Mit 103 beringten Individuen wurde dabei die zweitstärkste Saison registriert. Die stärkste Zugnacht des vergangenen Jahres fiel auf den 23. und 24.10. mit 57 Fängen. Mit zwei Jahren Verzögerung erreichte uns auch die erste Fundmeldung des Projekts, die einen knappen Monat nach der Beringung im IKEA-Biotop in SW-Frankreich tot aufgefunden wurde.

Fitis, ssp. trochilus, adult.
Trotz weißem Bauch sind deutlich gelbe Strichelan
der Unterseite zu erkennen.
Im vergangenen Jahr widmete sich die Beringungsstation besonders der Projektart Fitis, da hier eine große Diskrepanz in der Altersstruktur offensichtlich wurde: Gewöhnlich ist der überwiegende Teil der Fänglinge im Herbst Jungvögel, da pro Brutpaar in der Regel mehr als zwei Jungvögel flügge werden. Beim Fitis zeigt sich jedoch ein umgekehrtes Bild, mehr Alt- als Jungvögel. Wir vermuteten dahinter zum Teil auch einen Fehler unsererseits bei der Altersbestimmung: Diese wird beim Fitis vor allem an der Färbung der Unterseite festgemacht, es gilt: Helle Unterseite: adult, gelbe Unterseite: juvenil. Die Gefahr bei dieser Form der Altersbestimmung: Auch die nordische Unterart acredula zeigt eine aufgehellte Unterseite! Ob und wie häufig sie auftritt war eine Fragestellung des Projekts.

Einer von ca. 10 Fitissen mit Merkmalen der ssp. acredula
Gefangen und beringt am 26.09.2015.
Die Unterseite wirkt hier fast weiß, die Kehle ist nur leicht
gelblich überhaucht, ohne Strichelung.
Weiterhin waren auch die genauen Zugzeiten des Fitis im Saarland interessant, speziell im Hinblick auf das Ende des Durchzugsfensters. Hier gab es in der Vergangenheit einige Meldungen später Fitisse Mitte bis Ende Oktober, hinter denen wir jedoch blasse Zilpzalpe (Unterarten abietinus/tristis) vermuten. In aller Regel liefern die Beringungsdaten der Station die spätesten Nachweise einer Art im Saarland, bislang konnten von uns jedoch keine Exemplare nach dem 10. Oktober festgestellt werden.

Die Ergebnisse des Fitis-Projekts sind aus unserer Sicht sehr erfreulich: Ganze 190 Individuen konnten 2015 gefangen und beringt werden, darunter ca. 10 Individuen mit Merkmalen der Unterart acredula. Zur endgültigen Beurteilung sollen die angefertigten Dokumentationsaufnahmen noch Experten vorgelegt werden. Bezüglich der Zugzeiten bestätigte das Projekt die Vermutungen der Vorjahre: Der 10. Oktober ist eine magische Grenze für das Auftreten dieser Art. Spätere Beobachtungen sollten daher ohne Dokumentation kritisch beurteilt werden.

Fangzahl von Fitis und Zilpzalp nach Monatsdekade und relativer Anteil beider Arten.
Ab Mitte Oktober (OK2) wurden keine Fitisse mehr festgestellt.
(Datengrundlage 2006-2015)

Brutzeit 2015 - Kurzergebnisse

Zwergtaucher im Prachtkleid
2015 gab es Brutverdacht für diese Art im IKEA-Biotop
Die seit 2007 laufende, systematische Erfassung des Brutbestands im IKEA-Biotop wurde auch 2015 wieder durchgeführt. Fragestellungen dieses Projekts sind vor allem die Artzusammensetzung und genaue Revierzahlen der Brutvögel, daneben sind auch Bruterfolg und Standorttreue der Brutvögel von Bedeutung. Die Methodik der Brutzeiterfassung richtet sich größtenteils nach den Standards des Integrierten Monitorings von Singvogelpopulationen (IMS), zur Auswertung der Daten im Hinblick auf Revierzahlen wird eine selbst definierte Methodik herangezogen, wie hier beschrieben.

Im vergangenen Jahr wurden dabei durch Beringung und Beobachtung 25 sicher brütende Arten im und um das IKEA-Biotop festgestellt. Für 10 weitere Arten besteht Brutverdacht. Das Artenspektrum wurde dabei durch den Zwergtaucher als brutverdächtige Art um eine Art erweitert. Der Feldschwirl hingegen, der bis 2013 noch alljährlicher Brutvogel im Gebiet war, konnte auch 2015 wie schon 2014 nicht mehr als Brutvogel nachgewiesen werden.

Orpheusspötter zeigen eine Reaktion auf die fortschreitende
Vegetation im IKEA-Biotop: Ihre Reviere verschieben sich
Ähnlich der Fangzahlen von Rastvögeln zum Zug zeigen auch die Brutbestandszahlen vieler Arten  im vergangenen Jahr einen eindeutigen Trend an: Das IKEA-Biotop verbuscht. Zum ersten Mal  überholten die "Heckenbewohner" die typischen Feuchtgebietsarten in der Zahl der Reviere (siehe auch die letzte Grafik des verlinkten Beitrags). Auch hieran lässt sich wieder dokumentieren, wie stark sich der Wandel in der Vegetationsstruktur im IKEA-Biotop fortsetzt. 

Eine interessante Art zur Dokumentation dieses Prozesses ist auch der Orpheusspötter, der im Saartal ein mittelhäufiger Brutvogel ist. Er bevorzugt ein gewisses Sukzessionsstadium einer Gebüschlandschaft als Brutplatz und gibt ein Revier auf, wenn die Vegetation zu hoch und dicht wird. Im IKEA-Biotop gibt es traditionell 2-4 Reviere pro Jahr, die sich gerade in den letzten Jahren deutlich räumlich verschieben. Auch dies belegt die andauernde Entwicklung im Gebiet.
Ferner gab es bei den Teichrohrsängern einen Bestandseinbruch auf 15 Paare, dem tiefsten Stand seit Beginn der Erfassung. Diese kurzfristige Entwicklung lässt sich durch die Schädigung des Altschilfs (s.o.) erklären, da Teichrohrsänger zum Nestbau auf vorhandene Altschilfbestände angewiesen sind.

Brutbestand des Teichrohrsängers im IKEA-Biotop
2015 wurde mit 15 Brutpaaren der niedrigste Stand verzeichnet.
Dies ist vorwiegend durch die Winterschäden am Altschilf zu begründen.

Fazit

Die NABU Beringungsstation "Mittleres Saartal" hat 2015 in tausenden ehrenamtlichen Stunden wieder wertvolle Daten zum Bestand der Vogelwelt im Saarland wie auch überregional erhoben. Die Station ist im Verbund der Beringer Deutschlands mittlerweile eine etablierte Größe und die größte ehrenamtlich geleitete Station Deutschlands. Der Fortbestand dieses Monitoringprojekts für die Vogelwelt ist unser vorrangiges Ziel für die nächsten Jahre.

Die 2015 erhobenen Daten konnten dabei sowohl subjektive Bestandseindrücke bestätigen, aber vor allem auch einige Wissenslücken schließen, z.B. bzgl. des Fitis. Ähnliche Projekte in der Zukunft sind geplant. In den kommenden Jahren sollen die bislang gewonnenen Ergebnisse auch in Form mehrerer Publikationen veröffentlicht werden.

Trotz der Freude über das vergangene Beringungsjahr und die interessanten Fänge und Ergebnisse muss auch auf die Probleme im IKEA-Biotop hingewiesen werden: Das Gebiet verändert sich rasant und läuft Gefahr, in wenigen Jahren seine Gestalt radikal zu verändern. Wir hoffen, in Kooperation mit den Behörden den gesetzlich verankerten Schutz des Schilfgebiets durch zielgerichtete Pflege- und Gestaltungsmaßnahmen gewährleisten zu können. Hierbei sind wir jedoch auch auf behördliche Unterstützung und Finanzierung angewiesen.

Auch 2016 wird die Arbeit an der Station fortgeführt, mit hoffentlich ebenfalls spannenden Ergebnissen.

DANKE

Das Team der NABU-Beringungsstation
(V.l.n.r.: Marius Nicklas, Sebastian Kiepsch, Katharina Klein,
Pierre Geller, "Altmeister" Lothar Hayo und Rolf Klein)
An dieser Stelle möchten wir nur noch ein großes Dankeschön sagen: Allen Beringern und Beringungshelfern, allen Freunden und Förderern, allen Spendern und Geldgebern, allen Fürsprechern und Unterstützern des Projekts und allen, die egal wie im letzten Jahr zur Arbeit an der Station beigetragen haben. Ohne eure Unterstützung wäre dieses Projekt nicht möglich!

Namentlich seien hier der NABU Landesverband Saar e.V., der Ornithologische Beobachterring Saar e.V., SaarToto und das Zentrum für Biodokumentation genannt.

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,

Sebastian Kiepsch

13.02.2016

Interessante Ringfundmeldungen

Hallo zusammen!


Das IKEA-Biotop und die Beringungsstation im Februar 2016
Der Winter ist traditionell die ruhigste Jahreszeit an der NABU Beringungsstation: Im Gegensatz zu den Hunderten Durchzüglern pro Tag, die zwischen August und Oktober das IKEA-Biotop zur Rast aufsuchen, herrscht von Dezember bis März eine fast ungewohnte Ruhe. Statt Gewusel im Schilf und Gesängen und Rufen aus allen Ecken des Gebiets sind kaum Vögel zu sehen und hören, mit Ausnahme einiger wenige Wintergäste, die zum Schlafen oder zur Suche nach der nun spärlichen Nahrung einfallen. Aus diesem Grund ist auch die Beringungstätigkeit im Winter auf wenige Aktionen beschränkt, bei denen es hauptsächlich um die Erfassung der einzelnen Individuen geht. Das Ziel ist es dabei, die standorttreuen Überwinterer genauer zu studieren.
Der Winter ist aber auch eine Zeit der Auswertung und Analyse der Daten des Vorjahres. Einen Einblick in diese Tätigkeit haben wir ja bereits bezüglich der Brutzeiterfassung gegeben, ein weiteres sehr interessantes Feld soll Thema dieses Beitrags sein: Ringfundmeldungen


Hintergrund: Koordination durch Beringungszentralen

Eines der großen Ziele der Vogelberingung ist es, über Wiederfunde beringter Vögel das Wissen über Zugbewegungen, Ökologie und Verhaltensmuster zu erweitern. Die NABU-Beringungsstation ist zu diesem Zweck eingegliedert in ein grenzüberschreitendes Netz von Vogelberingungszentralen und dabei der Vogelwarte Radolfzell unterstellt. Diese ist zuständig für Süddeutschland, während der Nordwesten der Bundesrepublik durch die Vogelwarte Helgoland, sowie die neuen Bundesländer durch die Vogelwarte Hiddensee betreut werden. Die Beringungszentralen erfüllen dabei nicht nur eine Verwaltungsaufgabe, sondern sind vor allem zuständig für die Ausgabe der individuell numerierten Vogelringe an die Beringer. Im Gegenzug liefern die Beringer sämtliche erfassten Daten jährlich bei der zuständigen Vogelwarte ab, welche ein zentrales Archiv führt. Weiterhin dienen die Vogelwarten auch als Anlaufstelle für Meldungen zu beringten Vögeln, die neben den jährlichen Datensätzen der Beringer natürlich auch von Privatpersonen stammen.

Beringtes Rotkehlchen
Wenn Sie einen beringten Vogel ablesen
können oder tot auffinden, melden Sie bitte
die Daten unter www.ring.ac an die
zuständige Beringungszentrale.
JEDE MELDUNG ZÄHLT!
Wer einen beringten Vogel abliest oder tot auffindet, kann die entsprechenden Daten mittlerweile europaweit zentralisiert unter www.ring.ac eingeben. von dort werden sie an die Beringungszentralen weitergeleitet, die dann den Findern und Beringern einen Lebenslauf des Vogels übermitteln. Im Falle der NABU Beringungsstation fallen im Schnitt knapp 50 solche Ringfundmeldungen im Jahr an, die entweder von uns beringte Vögel an anderen Orten betreffen, oder aber Informationen zu von uns gefangenen Vögeln mit fremden Ringen beinhalten. Der Wermutstropfen an diesem Verfahren ist der enorme Zeitaufwand, bis alle beteiligten Personen und Institutionen kommuniziert haben: Im Schnitt dauert es vom Fang zur Fundmeldung mehrere Jahre! Aktuell sind wieder etliche Meldungen, vor allem aus den Jahren 2013 und 2014 aufgelaufen, die wir nun genauer unter die Lupe genommen haben. Darunter einige überaus interessante Fälle...


Saarlouiser Blaumeise in Ungarn

Auch Blaumeisen sind teilweise Zugvögel, die nördlichen
Populationen überwintern in Mittel- und Südeuropa
Blaumeisen gelten gemeinhin als Standvögel, was für mitteleuropäische Vögel auch weitgehend wahr ist. Was aber die Wenigsten wissen: Die nördlichen Populationen Skandinaviens und Osteuropas führen im Herbst einen ausgeprägten Zug durch. Im Saarland findet der Hauptdurchzug der Blaumeise meist Ende Oktober oder Anfang November statt. Ein solcher Durchzügler, ein Weibchen, welches am 31.10.2011 im IKEA-Biotop beringt wurde, ist am 23.10.2014 nach knapp drei Jahren von anderen Beringern wieder gefangen worden, allerdings ca. 1.100 km entfernt in Ost-Ungarn. Auch hier ist davon auszugehen, dass es sich um eine Station ihres Herbstzugs handelt.


Feldlerche in Frankreich tot aufgefunden

Seit 2012 konnten im IKEA-Biotop knapp 400 Feldlerchen
beringt werden. 2013 gab es den ersten Wiederfund.
In unserem Projekt zum Herbstzug der Feldlerche ist der erste Ringfund geglückt, leider handelt es sich jedoch um einen Totfund. Das Lerchen-Weibchen wurde von uns am 18.10.2013 beringt und wurde einen knappen Monat später, am 08.11.2013 in Trensacq - ca. 100 km südlich von Bordeaux - tot aufgefunden. Ein Vermerk bei der Beringung deutet auf eine mögliche Todesursache hin: Die Lerche hatte nur geringfügige Fettreserven. Bei einem anstrengenden Zug, insbesondere bei ungünstigen Wetterbedingungen, kann dies für das Individuum natürlich fatal enden. Wir hoffen aber in den nächsten Jahren auf weitere Wiederfunde dieser Art.


Schilfrohrsänger ziehen über Italien

Wiederfunde und Herkunft fremdberingter Schilfrohrsänger.
blau: Beringungsorte anderenorts beringter Individuen
grün: Wiederfunde von uns beringter Individuen
rot: Die Beringungsstation "Mittleres Saartal"
(Quelle: Google earth)
Bei der Beringung im IKEA-Biotop ist der Schilfrohrsänger eine der interessantesten Arten: Zum Einen ist er sehr unscheinbar und wird fast ausschließlich durch Beringung im Saarland nachgewiesen - ca. 5 Beobachtungen jährlich stehen knapp 100 Fängen bei der Beringung gegenüber! Zum Anderen ist die Quote von Wiederfunden und fremdberingten Vögeln verhältnismäßig hoch mit einem von 34 Individuen. Über die Jahre offenbart dies ein interessantes Bild über die Zugroute der Art: Die Schilfrohrsänger, die das Saarland überfliegen, scheinen zum Großteil eine Route über Italien zu wählen. Damit sind sie an der NABU Beringungsstation echte Exoten, die meisten Arten folgen der Westroute über die Iberische Halbinsel. Ein am 14.04.2013 gefangenes Schilfrohrsänger-Männchen bestätigt diese Vermutung wieder: Er trug beim Fang im IKEA-Biotop bereits einen italienischen Ring, beringt wurde er als Altvogel im August 2010 nahe Bologna.


Standorttreue Beutelmeisen
Bei einem Durchmesser von gerade einmal 2,3 mm ist
der Ring der Beutelmeise fast nur in der Hand ablesbar.
Ein Fotograf in der Schweiz hat nun das Gegenteil bewiesen.
Die Art mit der höchsten Quote an Ringfunden ist mit weitem Abstand die Beutelmeise. Im Schnitt ist jede zwölfte Beutelmeise entweder bereits anderenorts beringt worden, oder wird erneut in einem anderen Gebiet gefangen. Eine aktuelle Wiederfundmeldung ist dabei aufgrund der Umstände besonders eindrucksvoll: Eine von uns 2010 beringte Beutelmeise wurde 2014 am Genfer See wiederentdeckt - anhand eines Fotos! Die Ablesung des Rings gelang dabei nur teilweise, dennoch konnten die Buchstaben & Ziffern in Kombination mit dem Schriftzug "Radolfzell" eindeutig diesem Individuum zugeordnet werden. 

Besonders bemerkenswert ist auch die Bindung der Beutelmeisen an ihre Rastgebiete. Ganze 19 Funde der im IKEA-Biotop beringten Individuen stammen aus einem einzigen französischen Feuchtgebiet an der Gironde (Departement Charente-Maritime), umgekehrt konnten wir bereits sechs dort beringte Beutelmeisen fangen. Auch bei den aktuellen Ringfundmeldungen waren wieder zwei Mitteilungen aus diesem Gebiet zu finden. Daneben gibt es noch weitere Standorte mit mehreren Wiederfunden der Beutelmeise, z.B. den Rietzer See in Brandenburg. Nur durch die Beringung konnte diese europaweite Vernetzung von Feuchtgebieten gezeigt werden!


Mönchsgrasmücke auf Abwegen?
Dass Zugwege sich über die Jahre auch verändern können, zeigt die Mönchsgrasmücke ganz aktuell. Seit Jahren ist bekannt, dass ein Teil der Mönchsgrasmücken im Herbst nicht mehr gen Südeuropa zieht, sondern statt dessen in Großbritannien überwintert. Dieses neue Überwinterungsgebiet, wohl begünstigt durch den fortschreitenden Klimawandel, hat sich dabei mehr und mehr etabliert. Ein aktueller Wiederfund einer "saarländischen" Grasmücke passt dabei ebenfalls in dieses Bild: Von uns beringt im September 2013 wurde sie einen knappen Monat später in Nordbelgien erneut gefangen. Falls die Grasmücke diesen Kurs beibehalten hat, führte sie ihr Zug wohl zum Überwintern nach England.


Flussuferläufer aus Schweden

Die Strecke vom schwedischen Öland bis ins Saarland
(1.000 km Luftlinie) schaffte der Flussuferläufer in 4 Tagen
(Quelle: Google Maps)
Zu guter Letzt noch eine Ringfundmeldung, auf die wir schon seit Jahren gewartet haben - und das Warten hat sich gelohnt!
Im Sommer 2013 gelang der Fang eines jungen Flussuferläufers mit schwedischem Ring, wir berichteten. Dies war der erste Fremdfang für diese Watvogelart, die ohnehin bis heute erst 17 Mal im IKEA-Biotop beringt wurde. Noch spektakulärer wurde der Fang durch die Ringfundmeldung: Der Flussuferläufer wurde als Durchzügler in der 1.000 km entfernten Ottenby Vogelstation an der Südspitze Ölands (siehe Karte) beringt, sage und schreibe vier Tage vor unserem Fang. Dies beweist eindrucksvoll, zu welchen Leistungen Zugvögel im Stande sind - insbesondere auch Jungvögel, die erst 2-3 Monate alt sind.

Mit diesen spannenden Ergebnissen möchten wir diesen Bericht abschließen, schon bald soll an dieser Stelle auch der Jahresbericht 2015 erscheinen. Auch die Arbeit im IKEA-Biotop wird bald wieder aufgenommen, bis zum Frühjahr sind noch Pflegemaßnahmen im Gebiet geplant, bevor die Frühjahrszugberingung dann Mitte März startet.

Im Namen des gesamten Beringungs-Teams,
Sebastian Kiepsch

02.02.2016

Die Beringungsstation in der Zeitschrift "Der Falke"



Hallo zusammen!

Die NABU Beringungsstation "Mittleres Saartal" ist in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift "Der Falke" mit einem umfassenden Bericht zu unserer Arbeit und zur ornithologischen Vielfalt im IKEA-Biotop vertreten. Das aktuelle Heft (2/16) können Sie über den AULA-Verlag direkt unter www.falke-journal.de beziehen. 

Hier ein kleiner Auszug:

Bartmeise, Männchen - Foto S. Kiepsch
Den gesamten Artikel
finden Sie in
"Der Falke" 2/16
Unscheinbar liegt das sogenannte IKEA-Biotop samt der dort ansässigen NABU-Beringungsstation „Mittleres Saartal“ im Südwesten des Saarlands, direkt an der Saar. Was sich bis hierhin möglicherweise als idyllische, naturbelassene Auenlandschaft andeutet, unterscheidet sich von dieser Idealvorstellung vor allem durch die namengebende Nachbarschaft: Ein großer Gewerbepark begrenzt das Biotop im Westen. Statt Schwemmland und Auwald umrahmen die anderen Himmelsrichtungen ein Ortsteil der Kreisstadt Saarlouis im Norden, intensive landwirtschaftliche Anbauflächen im Süden und ein Kohlekraftwerk inklusive angrenzendem Industriepark auf der gegenüberliegenden östlichen Saarseite. Dennoch ist dieses Gebiet eines der bedeutendsten Vogelbiotope im kleinsten deutschen Flächenbundesland. Die ornithologische Feldforschung geht hier Hand in Hand mit dem Naturschutz und demonstriert eindrucksvoll, wie wertvoll diese „grünen Inseln“ in der urbanen Landschaft sind.


Soweit die Werbung in eigener Sache, an dieser Stelle folgt schon bald der Jahresrückblick 2015, in dem die erstaunlichen Fänge und spannenden Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr präsentiert werden.

Im Namen des gesamten Beringungs-Teams,
Sebastian Kiepsch