09.11.2015

Zwergammer - Saarländischer Drittnachweis

Hallo zusammen!

Diesjährige Zwergammer - Drittnachweis für das IKEA-Biotop und das Saarland
Früher als erwartet melden wir uns mit sehr erfreulichen Nachrichten: Eine Zwergammer konnte am Samstag, 07.11.2015, von uns gefangen und beringt werden. Dieser Fang stellt den dritten Nachweis der Art im Saarland dar. Auch Erst- und Zweitnachweis wurden im IKEA-Biotop durch Fang und Beringung erbracht (2001 bzw. 2011).

10.000 Neuberingungen 2015


Außerdem wurde am Samstag auch die magische Marke von 10.000 neu beringten Vögeln geknackt, was zuletzt 2010 gelang. Hinter dieser Zahl stecken unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden, lange Tage und kurze Nächte und vor allem der kontinuierliche und intensive Einsatz des gesamten Teams. An dieser Stelle sei daher schonmal ein vorgezogenes Dankeschön an alle Helfer für die erfolgreiche Saison erlaubt.


Zwergammer - ein kurzes Portrait

Zwerg- (l.) im Vergleich mit Rohrammer (r.)
Wie der Name schon andeutet, ist die Zwergammer ein kleiner Vertreter der Familie der Ammern. Sie ist in ihrer Größe vergleichbar mit kleineren Finken und damit deutlich kleiner als z.B. die Rohrammer (siehe Foto). Die Gesichtszeichnung unterscheidet sich ebenfalls deutlich von der vergleichbaren Art, mit rostbraunen Wangen und einem hellen Ohrfleck. Auch wirkt der Schwanz deutlich zierlicher und kürzer.

Die Zwergammer ist ein Brutvogel der
Deutsche Nachweise der Zwergammer 2011-2015
(Gezählt sind Meldungen, nicht Individuen)
Quelle: ornitho.de
arktischen Tundra, der in Nordrussland und dem nördlichen Skandinavien heimisch ist. Dort besiedelt sie gewässernahe Standorte mit holzigen Gebüschen, wo sie in Bodennähe ihr Nest baut. Wie die Rohrammer bevorzugt sie als Hauptnahrungsquelle Sämereien.

Im Winter ziehen Zwergammern aus den Brutgebieten entlang der Ostroute in ihr Winterquartier nach Indien, Südostasien und China. Dennoch werden jedes Jahr (ähnlich zum Gelbbrauen-Laubsänger) auch einzelne Individuen in Mitteleuropa festgestellt. Diese Irrflügler, die oft mit Rohrammern vergesellschaftet sind, werden aber vergleichsweise selten nachgewiesen (siehe Karte mit Nachweisen). Wie bei vielen fehlgeleiteten Zugvögeln fallen die meisten auf Inseln oder in Küstenregionen auf, wo sie an natürliche Zughindernisse stoßen. Nachweise im Binnenland sind umso seltener, die meisten davon werden durch systematische Beringung erbracht.



Schlusswort - Saisonende ???

Eigentlich gingen wir schon von einem baldigen Ende der Zugsaison aus und dann flattert noch so ein Highlight herein. Dennoch endet am 20.11. die systematische Herbszugerfassung. Danach wird die Beringung zwar nicht eingestellt, aber im Rahmen der Wintergasterfassung deutlich weniger intensiv durchgeführt. Ziel ist es dann, die anwesenden Wintergäste zu beringen, um im nächsten Jahr feststellen zu können, wem die Überwinterung gelang.Weitere 10.000 Vögel werden es dabei wohl nicht mehr werden, aber vielleicht erleben wir auch im Winter noch die eine oder andere Überraschung!

Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch

27.10.2015

Brutzeiterfassung - Ein Blick hinter die Kulissen

Hallo zusammen!

Teichrohrsänger im Schilf
So frei wie hier lässt sich diese in der dichten Vegetation brütende Art nur selten beobachten. Meist wird der Brutbestand daher über Gesangserfassungen abgeschätzt. Wir möchten hier zum ersten Mal Einblick in eine alternative Methodik geben, die über Fang und Beringung eine Angabe des Brutbestands erlaubt, mit interessanten Ergebnissen!
Bevor demnächst der eigentliche Brutzeitbericht 2015 folgt, möchten wir vorab zum ersten Mal überhaupt auch einen Einblick in unsere Auswertearbeit gewähren. Ein großer Teil der Arbeit des Teams entfällt neben der Tätigkeit im Gelände auch auf die Eingabe, Kontrolle und vor allem Auswertung der über 10.000 Datensätze pro Jahr. Ein sehr anschauliches Beispiel der Auswertung ist die Angabe des Brutbestands im Gebiet, welcher in der konventionellen Feldornithologie oft mit vielen Abschätzungen, Hochrechnungen und Unsicherheiten verbunden ist. Die Beringung im IKEA-Biotop zeigt hier, wie sehr Schätzung und Realität voneinander abweichen können.


Geschichtliches und Motivation

Das IKEA-Biotop damals und heute
Schön zu erkennen ist der deutliche Wandel in der Vegetationsstruktur. Zwar war diese sogenannte Sukzession in den Anfangsjahren am stärksten ausgeprägt, doch sind bis heute noch Effekte spürbar, wie z.B. die andauernde Verlandung des Gebiets. Die großen Unterschiede in der Vegetationsstruktur haben einen direkten Einfluss auf den Brutbestand im Gebiet. Ein Ziel der Brutzeituntersuchung ist es auch, Qualitätsindikatoren für den Gebietszustand zu ermitteln, um Pflegemaßnahmen besser planen zu können.
Mit der Schaffung des IKEA-Biotops wurde heiß diskutiert, ob eine solch isolierte und vergleichsweise kleine Ausgleichsfläche überhaupt nennenswerten Nutzen für Brut- und Zugvögel hat. Durch Beobachtung des Gebiets wurde schnell klar, dass man diese Frage aufgrund der Zahl der auftretenden, teils seltenen Arten nur mit JA! beantworten kann. Was jedoch unklar blieb, ist das quantitative Ausmaß zu Brut- und Zugzeit, da eine verlässliche Zählung von Vögeln im dichten Schilf mit dem Fernglas alleine unmöglich ist. Aus diesem Grund wurde praktisch seit Anbeginn auch die systematische Beringung im IKEA-Biotop durchgeführt. Zunächst war die Erfassung dabei vor allem auf die Zugzeit ausgelegt; ergänzend dazu wird seit 2007 auch eine standardisierte Beringung zur Brutzeit durchgeführt.

Zu keiner anderen Jahreszeit wird der methodische Vorteil der Vogelberingung so deutlich wie zur Brutzeit: Gerade dann halten sich viele Vögel sehr lange im Gebiet auf, um ihre Nester zu bauen, zu brüten und ihre Jungen aufzuziehen. Vor allem in der Kernbrutzeit im IKEA-Biotop, zwischen Mai und Juli, gibt es eine enge räumliche Bindung der Vögel an ihren Brutplatz. Ist ein solcher Vogel erst einmal mit einem Ring markiert, lässt sich bei einem Wiederfund die Identität anhand der Ringnummer eindeutig feststellen. Dies hebt die Beringung gegenüber der reinen Beobachtung oder Gesangserfassung ab, die im Normalfall keine individuelle Erkennung zulässt.

Adulte Wasserralle, gefangen zur Brutzeit 2014.
Die Wasserralle ist zwar alljährlich Brutvogel im IKEA-Biotop,
entzieht sich aber aufgrund ihrer Lebensweise in Bodennähe
dem Fang mit Netzen. Die alternative Fangmethode mit Bodenfallen
ist stark von den Bedingungen im Gebiet abhängig (Wechselnde
Fangplätze je nach Wasserstand). Für die Wasserralle wird der
Brutbestand also auch weiterhin geschätzt werden müssen.
Trotz dieses immensen Vorteils ist natürlich auch die Beringung nicht perfekt: Einige Vogelarten lassen sich über Fang und Beringung kaum erfassen. Insbesondere Großvögel, Wasservögel und Bodenbewohner wie z.B. Wasserrallen sind über Fang und Beringung nicht oder nur unzureichend nachzuweisen. Doch auch manche Kleinvogelarten werden nicht zu 100% gefangen, so z.B. der Orpheusspötter, der eine extrem enge Bindung zum Neststandort in "seiner" Hecke hat und diese auch zum Gesang und zur Nahrungssuche nur selten verlässt. Diese Erfassungsproblematik kann nur dadurch umgangen werden, dass beide Verfahren, Revierkartierung und Beringung gleichzeitig zum Einsatz kommen.


Methodik und Datenerhebung

Im Beringungskalender beginnt die Brutzeiterfassung am 01.05. und endet am 20.07. des jeweiligen Jahres. Nahtlos voran geht eine Frühjahrszugerfassung und im Anschluss folgt die intensiv gestaltete Erfassungstätigkeit zum Herbstzug, so dass auch Daten aus den Zeiträumen vorher und nachher für die Auswertung in Betracht gezogen werden können (frühe/späte Bruten). Die konkrete Beringungsarbeit zur Brutzeit ist auf eine Beringungsaktion pro 10-Tages-Intervall festgelegt, um die Störung während dieser für die Vögel sehr anstrengenden Jahreszeit so gering wie möglich zu halten. An Fangtagen wird ab Sonnenaufgang für 6 Stunden gefangen, mit stündlichen Netzkontrollen. Die Standorte der ca. 40 Fangnetze sind dabei von Jahr zu Jahr immer gleich. Ändert sich also im Bereich der Netze die Vegetationsstruktur und damit verbunden das Artenspektrum, erwartet man entsprechende Auswirkungen in den Beringungsdaten. Speziell über mehrere Jahre können so langfristige Veränderungen im Gebiet dokumentiert werden.

(KLICK ZUM VERGRÖSSERN)
Beispiel einer Revieranalyse für ein Teichrohrsänger-Männchen (Ringnr. B2V4605), welches über 6 Jahre als Brutvogel im Gebiet nachgewiesen werden konnte und dabei 44 Kontrollfänge (!!) erbrachte. Oben eingezeichnet in rot sind die Fangstandorte, bei Mehrfachfängen entsprechend dicker gezeichnet, dazu in blau die vermuteten Reviergrenzen.

Zu den gefangenen Vögeln werden neben den Grunddaten (Fangzeitpunkt, Ort, Art, Alter, Geschlecht) auch biometrische Daten zu Flügellänge und Gewicht erfasst und vor allem auch der exakte Netzstandort des Fangs. Letzterer erlaubt bei mehrfachen Fängen auch eine Angabe zum vermuteten Revierstandort. Im Falle standorttreuer Brutvögel können über Jahre hinweg gleiche Reviere festgestellt werden.


Datenauswertung - Vom Fang zur Bestandsangabe

Nach der Feldarbeit folgt die Auswertung. Um von den reinen Fanglisten zu einer Bestandsangabe zu gelangen, haben wir uns eine eigene Methodik definiert, welche die Rahmenbedingungen der Erfassung und einige Besonderheiten berücksichtigt. Da noch eine Publikation des Verfahrens aussteht, können wir an dieser Stelle nicht ins letzte Detail gehen. Grob gesagt erfolgt eine Auswertung in 2 Schritten: Erst werden die gefangenen Vögel kategorisiert, dann werden anhand dieser Einteilung mehrere Bestandsindikatoren definiert - einer davon ist ein geschätzter Brutbestand (Anzahl Brutpaare).

Sprosser, adultes Weibchen
Zur Brutzeit können auch Vögel gefangen
werden, die im Biotop nicht brüten oder
wie in diesem Fall sogar hunderte Kilometer
vom Brutgebiet entfernt sind.
Auch ein Brutfleck ist kein sicheres Merkmal
für Brutvögel, denn auch dieser trat beim oben
gezeigten Sprosser auf.
Nicht jeder Altvogel, der im Sommer auftritt, ist automatisch Brutvogel! Der erste Schritt unserer Methodik ist die Abgrenzung der potentiellen Brutvögel von rastenden Zugvögeln oder Nichtbrütern, welche nicht selten zur gleichen Zeit auftreten können. Dies geschieht über die Anzahl und zeitliche Verteilung der Fänge eines Individuums. Ist ein Vogel als Brutvogel identifiziert, erfolgt eine genauere Kategorisierung, man unterscheidet "mögliche" (Kat. A), "wahrscheinliche" (Kat. B) und "sichere" Brutvögel (Kat. C).

Im nächsten Schritt erfolgt die Auflistung der Brutvögel nach Art und Geschlecht. In den meisten Fällen werden systematisch mehr Männchen als Weibchen gefangen; dies erklärt sich unter anderem durch Unterschiede im Verhalten: Bei vielen Arten kümmert sich das Weibchen alleine um das Bebrüten der Eier, während das Männchen das Revier abgrenzt und verteidigt. Die viel mobileren Männchen sind in dieser Zeit daher einfacher durch Fang nachzuweisen. Aus dem Katalog an Brutvögeln können dann unter Berücksichtigung dieser Eigenheit Minimalbestand (nur Kat. C), geschätzter Bestand (B+C) und Maximalbestand (A+B+C) berechnet werden. Verfolgt man diese drei Kennwerte über mehrere Jahre, so kann aus den Mittelwerten ein Brutbestand (Schätzung und Abweichung +/-)  definiert werden, siehe unten stehende Abbildung).
(KLICK ZUM VERGRÖSSERN)
Langjähriger Brutbestand einiger regelmäßiger Brutvogelarten im IKEA-Biotop
Die drei Kennwerte für Maximum, Schätzung und Minimum des Bestands ergeben sich direkt aus der Kategorisierung (A, B, C) der potentiellen Brutvögel und dem bestimmten Geschlecht.


Ergebnisse - Über unscheinbare Schilfbewohner, Schwankungen und Trends

Wie sehr konventionelle Revierkartierung und Beringung auseinander liegen können, zeigt vor allem das Beispiel des Teichrohrsängers. Der Bestand des zweifellos häufigsten Brutvogels im ca. 5 Hektar großen Gebiet ist wurde stets auf etwa 10 Brutpaare geschätzt, was ziemlich genau dem Eindruck zur Gesangsaktivität entspricht. Durch die systematische Beringung wurde offensichtlich, dass es wohl eher 20-25 Brutpaare sind. Der Grund für diese große Differenz liegt wohl in der zeitlichen Staffelung der Bruten: Sowohl Ankunftszeiten der Altvögel als auch Ausflugzeiten flügger Jungvögel erstrecken sich über mehrere Wochen. Dennoch hört man zwischen Ende April und Juli permanent nur 5-10 singende Männchen im Gebiet. Die naheliegende Erklärung: Hier handelt es sich vermutlich um unterschiedliche Sänger je nach Fortschritt der jeweiligen Brut.
(KLICK ZUM VERGRÖSSERN)
Brutbestand des Teichrohrsängers von 2007 bis 2014, ermittelt nach oben erläuterter Methodik aus Beringungsdaten.
Der langjährige Bestand wird mit ca. 22 +/- 5 Brutpaaren angegeben. Auffällig ist das "Ausnahme"-Jahr 2010, welches sich durch besonders günstige Wetter- und Vegetationsbedingungen in diesem Jahr erklären lässt.


Auffallend in der Bestandsentwicklung der Teichrohrsänger ist vor allem das Jahr 2010, welches für diese Art ein extrem starkes Brutjahr war. Der Grund dafür lag vermutlich in den extrem günstigen Bedingungen dieses Jahres: Das warme, trockene Frühjahr brachte einen frühen Aufwuchs des Schilfs mit sich. Durch hohe Niederschlagsmengen im Mai wurden zwischenzeitlich ausreichend Reserven für das weitere Wachstum getankt, die dann im weiteren Verlauf der Brutzeit in sehr warmen und sonnenreichen Phasen restlos in Biomasse umgesetzt worden. Das Resultat: Ein im Vergleich mit anderen Jahren früher aufkommender, dichterer und höherer Schilfbestand, der mehr Brutplätze und Nahrung bot als sonst und einen Bestandssprung auf ~37 Brutpaare in diesem Jahr zur Folge hatte. Gerade diese kurzzeitigen Schwankungen bei Kleinvögeln sind ohne Beringung fast nicht nachweisbar.
(KLICK ZUM VERGRÖSSERN)
Entwicklung der Brutbestandsindikatoren für die Habitattypen Feuchtvegetation und Bäume/Gebüsche (gleitende Mittelwerte). Die Indikatoren setzen sich zusammen aus der Summe der Brutbestände für verschiedene Arten.
Feuchtvegetation beinhaltet Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Rohrammer, Feldschwirl.
Bäume/Gebüsche beinhaltet Mönchs-, Klapper-, Dorn-, Gartengrasmücke, Kohl-, Blaumeise, Zilpzalp, Nachtigall, Amsel, Heckenbraunelle


Ähnlich steht es um langfristige Trends, wie z.B. dem Wandel der Vegetationsstruktur des Gebiets (Sukzession). Über die Jahre konnte man im IKEA-Biotop beobachten, dass das Gebiet durch Eintrag von Biomasse und Flugsand von nahe gelegenen Baustellen immer weiter verlandete. Umgekehrt fehlen die typischen Hochwässer im Gebiet, dank Kanalisierung und reguliertem Wasserstand der Saar. In der Summe bewirkte dies ein fortschreitendes Absinken des Wasserstands und damit verbunden eine Ausbreitung der Pflanzen, die etwas trockenere Lebensraumansprüche als Schilf, Rohrkolben und Feuchtgräser aufweisen, z.B. Weiden, Gebüsche, etc. Die Feuchtpflanzen in den entsprechenden Bereichen wurden zunehmend verdrängt. Diese schleichende Entwicklung über viele Jahre ist anhand der Artzusammensetzung im Brutbestand nachweisbar. Insbesondere typische Heckenbewohner wie z.B. Mönchs- und Klappergrasmücke verzeichneten in den letzten Jahren stetig Zugewinne, während Arten mit Bezug zu Feuchtvegetation und Schilf, wie z.B. Feldschwirl, Rohrammer und Sumpfrohrsänger kontinuierlich im Bestand abnahmen. Diese Entwicklung, die bereits seit Jahren von uns so vorhergesagt wurde, ist zutiefst Besorgnis erregend und gefährdet den Charakter des IKEA-Biotops in hohem Maße.



Fazit - Sinnvolle Methodik

  • Die Beringung ist als Methodik zur Bestandserfassung und zum kontinuierlichen Monitoring eines Brutgebiets für Singvögel sehr geeignet. In Kombination mit einer Revierkartierung wird das qualitative und quantitative Bild vervollständigt.
  • Der Zugriff auf einzelne Individuen erlaubt neben der Ermittlung individueller Revierstandorte auch eine genauere Erhebung der Zahl der anwesenden Brutvögel als durch Gesangserfassung.
  • Die Übereinstimmung der Größenordnung der Bestandszahlen über mehrere Jahre zeigt, dass unsere Arbeitsweise verlässliche Daten liefert. Die Entwicklung über mehrere Jahre kann daher als Indikator für Veränderungen im Gebiet herangezogen werden. 
  • Neben langfristigen Trends bilden die Beringungsdaten auch kurzzeitige Ereignisse ab (mehr dazu auch im kommenden "Brutzeit 2015"-Artikel!). Der direkte Nachweis dieser Eindrücke aus dem Feld in den erhobenen Daten zeugt von der Qualität der Methodik in Feld- und Auswertearbeit.


Schlusswort - Mehr Brutzeit in Kürze!

Wir hoffen, dass dieser kleine Exkurs in die wissenschaftliche Arbeit unseres Teams für Sie interessant war. Im nächsten Artikel möchten wir uns etwas konkreter mit der abgelaufenen Brutzeit beschäftigen, die einige interessante Ergebnisse geliefert hat. Währenddessen ist auch die Herbstzugebringung noch in vollem Gang, im Falle einer Seltenheit würden wir natürlich auch nochmal von uns hören lassen.

Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch

13.10.2015

Gelbbrauen-Laubsänger / Bericht zum ProRing Praxisseminar

Hallo zusammen!

Gelbbrauen-Laubsänger - Nach 2014 auch 2015 wieder gefangen und beringt!
Die wichtigste Nachricht kurz vorweggenommen: Uns gelang auch in diesem Jahr wieder der Fang eines Gelbbrauen-Laubsängers! Am Sonntag, 11.10. gegen 11:00 Uhr wurde ein Vertreter dieser Sibirischen Art inmitten einer Schilfzone gefangen. Nach den beiden Fängen vom 19.10. des vergangenen Jahres ist dies erst der 3. Nachweis der Art im IKEA-Biotop. Der kleine, nur ca. 7 Gramm schwere Vogel wurde im Beisein eines deutschlandweiten Praxisseminars des ProRing e.V. von unserem Team beringt und war natürlich das absolute Highlight des Tages.


Kurzbericht zum ProRing Praxisseminar 

Die Teilnehmer des ProRing Praxisseminars 2015
Zum ersten Mal überhaupt fand  ein ProRing Praxisseminar im Saarland statt, von 10.-11.10.2015 an der NABU Beringungsstation "Mittleres Saartal" nahe Saarlouis. Der zweitägige Workshop stand unter dem Motto "Fang, Alters- und Geschlechtsbestimmung von Kleinvögeln" und war mit insgesamt 10 Teilnehmern aus allen Teilen der Bundesrepublik auch sehr gut besucht. Unter ihnen waren sowohl alte Hasen der Beringung, aber auch angehende Beringer, die zum ersten Mal einen praktischen Einblick in Fang und Beringung gewinnen wollten - eben ein bunt gemischtes Publikum.


Beutelmeise, adultes Männchen
regelmäßiger Durchzügler im IKEA-Biotop
Im "IKEA-Biotop" wurden an beiden Tagen insgesamt 524 Vögel gefangen aus 28 Arten, darunter 475 Neuberingungen und 49 Kontrollfänge. Mit einem Gelbbrauen-Laubsänger war unter ihnen sogar eine deutschlandweite Seltenheit, sehr zur Freude aller Beteiligten. Als weitere Highlights sind noch zwei Eisvögel, eine Wasserralle und ganze 11 Beutelmeisen zu nennen.


Pierre Geller (am Tisch, l.) und Rolf Klein (am Tisch, r.)
zeigen Alters- und Geschlechtsbestimmung am Objekt
Samstag Mittag wurde zunächst die Unterkunft im ca. 15 km entfernten Naturfreundehaus Ludweiler bezogen, anschließend gab es eine kurze theoretische Einführung über das Biotop, die Station, die Arbeitsweise und auch einen kurzen Abriss über die Ergebnisse der ehrenamtlichen Beringungsarbeit. Danach ging es auch sofort zur Beringungsstation, wo neben einem mittäglichen Snack (Vielen Dank an dieser Stelle an IKEA!) auch bereits die ersten Vögel zur Beringung warteten. Unter der Anleitung der Stationsmitarbeiter wurden dann bis zum Einbruch der Dunkelheit in Kleingruppen Rundgänge durchgeführt, bei denen die Kursteilnehmer Erfahrungen beim Befreien der Vögel sammeln konnten. Bei der gemeinsamen Beringung wurde dann allerhand  Wissenswertes zu Geschlechts- und Altersbestimmung der gefangenen Arten gezeigt. Natürlich durften die Teilnehmer auch selbst Hand anlegen! Die Beringung im IKEA-Biotop steht Anfang Oktober auch im Zeichen der Rohrammern, welche zur nächtlichen Rast ins Gebiet einfallen. Immerhin 131 Stück konnten an beiden Tagen auch gefangen werden, darunter auch ein Exemplar mit spanischem Ring. Neben der Ornithologie gab es Samstag Abend auch einen kulinarischen Exkurs mit einem gemeinsamen "Schwenken" - der saarländischen Variante des Grillens. Währenddessen bestand auch die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch untereinander.

Interessant für die Experten:
Der Gelbbrauen-Laubsänger zeigte eine Mausergrenze, was ein
Indiz für einen Jungvogel ist. Das innerste Paar Steuerfedern
hatte eine dunklere Grundfärbung und dichtere Federstruktur
Auch war die Schnabelbasis noch sehr frisch und zeigte Reste
der Schnabelwulst, welche bei Jungvögeln auftritt.
Sonntag morgens ging es bereits früh los, denn insbesondere kurz nach Sonnenaufgang ist das Aufkommen an Fänglingen besonders hoch. Nach einer Nacht mit milden Temperaturen und Nordostwind gab es zum ersten Rundgang auch alle Hände voll zu tun, insbesondere Rotkehlchen (>100 Exemplare !) und Mönchsgrasmücken waren zahlreich. Gegen 11:00 Uhr dann gab es den herausragendsten Fang des Wochenendes: Ein Gelbbrauen-Laubsänger, der bereits dritte für das IKEA-Biotop, wurde inmitten des Schilfgebiets gefangen. Nach dieser angenehmen Überraschung lief der Workshop entspannt aus mit einem gemeinsamen Mittagessen.

Auch eine Wasserralle konnte gefangen werden
Hier zeigt Sebastian Kiepsch (l.) die Geschlechtsbestimmung
An dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmer für die lockere, sehr angenehme und freundliche Atmosphäre und die interessanten Gespräche. Über euer Feedback zum Seminar würden wir uns sehr freuen (Was war gut/schlecht? Was hättet ihr euch noch gewünscht?). Ansonsten hoffen wir, auch im nächsten Jahr wieder ein Seminar bei uns anbieten zu können.


ProRing? Praxisseminar?

ProRing e.V. ist ein deutschlandweiter Verein der Freunde und Förderer der Vogelberingung, dem auch einige Mitarbeiter der Beringungsstation "Mittleres Saartal" angehören. Der Verein bietet Beringern, Beringungshelfern und Interessierten an der wissenschaftlichen Vogelberingung eine Plattform zum Lernen, zum Erfahrungsaustausch und einfach auch zum gegenseitigen Kennenlernen. Im Rahmen der Vereinstätigkeit werden neben Fachtagungen jedes Jahr auch mehrere so genannte "Praxisseminare" organisiert, bei denen die Teilnehmer einen bestimmten Teilbereich der Vogelberingung unter Anleitung von Experten erlernen können. Wer mehr über den Verein und seine Arbeit erfahren möchte sei an www.proring.de verwiesen.


Schlusswort - Brutzeitbericht kommt bald!
 
Damit wollen wir vorerst auch schließen. Bald folgt der schon beim letzten Mal versprochene Bericht zur Brutzeiterfassung, bis dahin gibt es aber noch einiges zu beringen im IKEA-Biotop, denn die planmäßige Herbstzugerfassung läuft noch bis 20. November. Wir hoffen natürlich noch auf die eine oder andere Überraschung!

Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch


02.09.2015

Bericht vom Tag der offenen Tür 2015

Hallo zusammen!


Die Ruhe vor dem (An-)Sturm - Nachdem sich der morgentliche Nebel lichtete,
fanden knapp 200 Besucher und über 300 Vögel den Weg
zum Tag der offenen Tür 2015 und erlebten die Beringung aus nächster Nähe
(Foto: Jörn Weiß)

Der diesjährige Tag der offenen Tür verlief in allen Belangen erfolgreich. Neben gutem Wetter und spannenden Fängen gab es vor allem eins - jede Menge Besucher! Wir möchten nun kurz resümieren.


Besucher am Tag der offenen Tür 2015
Zu den Terminen der Vorführungen wurden selbst die
Stehplätze knapp!
Knapp 200 Interessierte fanden über den ganzen Tag den Weg zur Beringungsstation und harrten bei teils schon unangenehmen heißen Temperaturen bis 35°C gespannt aus, welche Arten sich wohl in die Fangnetze verfliegen. Insbesondere zu den Beringungsvorführungen scharten sich Groß und Klein um die Beringer, um den besten Blick oder das beste Foto zu erhaschen. Der Besucherrekord aus dem Jahr 2012 konnte leider nicht ganz erreicht werden, aber dennoch zeigt der Erfolg der Veranstaltung, dass in der Bevölkerung durchaus noch Interesse an der heimischen Artenvielfalt und dem aktiven Naturschutz besteht.

Wie in den letzten Jahren üblich gab es auch eine Exkursion um das IKEA-Biotop, bei denen die einzelnen Lebensräume und deren typische Bewohner des Biotops vorgestellt wurden. Neben einem durchziehenden Wespenbussard ließ sich auch der Wanderfalke am nahe gelegenen Kraftwerk Ensdorf beobachten, so dass die ca. 30 Teilnehmer der Wanderung auch auf ihre Kosten kamen.

Wendehals, adult - hier aus dem Archiv 2014
Konnte auch am Tag der offenen Tür beringt werden
Aus ornithologischer Sicht war der Tag der offenen Tür mit 311 Fängen aus 24 Arten auch ein sehr erfolgreicher Fangtag in Qualität und vor allem Quantität. Die Highlights an diesem Tag waren 2 Rohrschwirle, 1 Blaukehlchen, 1 Wendehals und 2 Eisvögel. Gerade die beiden letztgenannten Arten versetzten die Besucher in Staunen, doch auch die häufigeren Arten lösten große Begeisterung beim Publikum aus. Daneben gelang auch noch die Beobachtung anderer Zug- und Rastvögel in und über dem Biotop, so dass die Artenliste des Tages (Beringung+Beobachtung) immerhin 47 verschiedene Vogelarten beinhaltete.

Bienenfresser, Weibchen
Beringt gemeinsam mit J. Weiß im Juli 2015
nahe Frankenthal/Pfalz
Natürlich gab es auch die Chance zum gemütlichen Beisammensein und zur Diskussion unter den Experten. Es konnten zahlreiche Aktive aus Natur- und Vogelschutz aus dem Saarland und der Umgebung begrüßt werden. Ein besonderer Gast war Jörn Weiß, der in Rheinland-Pfalz für den Schutz der seltenen Bienenfresser zuständig ist und diese auch systematisch beringt. Nachdem wir bereits im Juli bei ihm eingeladen waren und bei der Beringung helfen durften, gab es nun den Gegenbesuch: Über das Wochenende half er an der Station tatkräftig mit und stand insbesondere Sonntag auch Rede und Antwort zu "seinen" farbenprächtigen Vögeln. Wer mehr über seine Arbeit erfahren möchte, sei an seine Homepage www.bienenfresser-rlp.de verwiesen.

An dieser Stelle bleibt eigentlich nur noch eins: Wir sagen DANKE! Danke an alle, die den Weg zu uns gefunden haben und durch ihre Spenden und ihr Interesse gezeigt haben, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wird.
Vor allem aber ein großer Dank an alle Helfer, die diese Veranstaltung durch ihren aktiven Einsatz, durch Kuchenspenden und Werbung auf allen Plattformen überhaupt erst ermöglicht haben!

Das Team hinter den Kulissen des Tags der offenen Tür 2015 - DANKE!!!
v.l.n.r: Marius Nicklas, Sebastian Kiepsch, Katharina Klein, Pierre Geller,
Lothar Hayo, Rolf Klein). Es fehlen: Sabrina Ertle, Anita Naumann,
Jörn Weiß, Heike Rosenke, Teresa Feld und Christoph Braunberger
(Foto: Teresa Feld)

In Kürze gibt es an dieser Stelle auch wieder mehr Ornithologisches zu lesen, der Bericht zur Brutzeit 2015 ist schon in Vorbereitung!

Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,

Sebastian Kiepsch


01.08.2015

Ankündigung: Tag der offenen Tür 2015


Zum 5. Mal findet der Tag der offenen Tür der Beringungsstation statt, zu dem wir alle Interessierten herzlich einladen möchten:

Beim Tag der offenen Tür gibts für Groß und Klein viel zu erleben und zu sehen

Am Sonntag, den 30.08.2015, von 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr

An der Beringungsstation „Mittleres Saartal“, Im Hader, Saarlouis-Lisdorf
hinter dem IKEA-Komplex, an der Lieferantenzufahrt. Parkmöglichkeiten bestehen vor Ort bzw. auf den IKEA-Parkplätzen.


Im Rahmen unseres Tags der offenen Tür bieten wir der breiten Bevölkerung einen Blick hinter die Kulissen der Beringungsstation und einzigartige Naturerlebnisse. Bestaunen Sie die einheimische Vogelwelt hautnah und lernen sie die Eigenarten, Besonderheiten und interessanten Lebensweisen der verschiedensten Vogelarten kennen.



Programm:


09:00 Uhr, 11:00 Uhr, 14:00 Uhr - Öffentliche Beringungsvorführungen (Dauer ca. 1-1,5 Stunden) mit verschiedensten Vögeln aus nächster Nähe.
Hier erfahren Sie Wissenswertes zu Vogelberingung, Biotop, Artenvielfalt und alles rund um die Arbeit an der Station. Natürlich gibt es auch zahlreiche Vögel zu sehen (und zu fotografieren).

12:30 Uhr - Geführte Kurz-Wanderung „rund um das Biotop“ (Dauer ca. 1 Stunde) mit Vorstellung des Biotops, seiner Lebensräume und seiner Umgebung.

Leider ist das Biotop selbst zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Dennoch besteht die Möglichkeit, von außen an der einen oder anderen Stelle einen Blick hinein zu werfen. Unter fachkundiger Führung erhalten Sie Informationen zu Biotoptypen, typischen Arten (auch außerhalb der Vogelwelt) und der einzigartigen Lage des IKEA-Biotops inmitten des städtischen Umfelds.

09:00-16:00 Uhr - Gelegenheit zum Blick ins IKEA-Biotop von unserem Aussichtsturm.
Unser Beobachtungsturm steht Ihnen ganztägig offen, auch mal einen Blick in das IKEA-Biotop zu werfen. Vielleicht können Sie ja die eine oder andere schöne Beobachtung machen!

Auch außerhalb der Vorführungen und Exkursion steht ihnen unser Team natürlich gerne Rede und Antwort zu Ihren Fragen.

Für das leibliche Wohl ist wie immer auch bestens gesorgt. Kaffee, Kuchen und Grillwürstchen stehen wie auch bei den vergangenen Malen bereit.


Der Eintritt und die Teilnahme an Vorführungen und Exkursionen sind natürlich kostenlos.

 


Mehr Informationen zur Station:

Eine Lachmöwe war eines der Highlights zum
letzten Tag der offenen Tür 2013
Die seit 2008 bestehende NABU-Beringungsstation "Mittleres Saartal" ist über die letzten Jahre zur größten süddeutschen Vogelberingungsstation herangewachsen. Durch den kontinuierlichen Einsatz des ehrenamtlichen Teams werden jährlich ca. 10.000 Vogel gefangen, beringt, vermessen und wieder frei gelassen. Mittlerweile konnten 173 Vogelarten im IKEA-Biotop nachgewiesen werden, von denen auch 112 gefangen und beringt werden konnten - darunter 5 Arten, die zuvor noch nicht im Saarland nachgewiesen waren. Die so erhobenen Daten fließen in großangelegte Untersuchungen ein und finden auch lokal Anwendung in neuen Schutzmaßnahmen. 
Neben der wissenschaftlichen Arbeit legt das Team der Beringungsstation viel Wert auf umweltpädagogische Arbeit und stellt die interessante, herausfordernde und spannende Tätigkeit eines Vogelberingers im Rahmen von Beringungsvorführungen interessierten Gruppen vor.


Wir hoffen auf zahlreiche Besucher, gutes Wetter und natürlich auch spannende Fänge. Über Ihr Kommen würden wir uns sehr freuen!

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch & Rolf Klein

23.07.2015

Beringung "on Tour": 10 Jahre Rosseltal-Renaturierung

Hallo zusammen!

Das Rosseltal zwischen Völklingen-Ludweiler und Großrosseln
Früher wüste Landschaft, heute Naturparadies
Am 22.07.2015 feierten die RAG AG und  der NABU Saar e.V den 10. Jahrestag zum Abschluss der Renaturierungsarbeiten im Rosseltal. Auch die Beringungs-AG war mit einer mobilen Beringungsaktion beteiligt, bei der es einige spannende Fänge und viele interessierte Besucher gab. Ein Mitglied der Beringungs-AG hat eine ganz besondere Bindung zu diesem Ort: Lothar Hayo.


Das Rosseltal: "Unten am schwarzen Fluss"

Das Saarland ist traditionell von zwei Industriezweigen bestimmt worden: Kohleförderung und Stahlproduktion. Gerade der Bereich des Saartals und der umliegenden Nebenflüsse - zu denen auch die Rossel zählt - war ein Ballungsraum für Industrie. Der Bereich zwischen Völklingen, Saarbrücken und der französichen Grenze, der größtenteils bewaldet ist, wurde über die Jahrzehnte unterirdisch intensiv genutzt, um Steinkohle zu Tage zu bringen. Dabei entstanden enorme Mengen Abraums, die auf Bergehalden und in Schlammweiher abgeladen wurden. Die umliegenden Gewässer und die Natur litten über die Jahrzehnte entsprechend unter dieser Praxis, nicht selten entstanden wüste und ausgeräumte Landschaften.

Typische Auenlandschaft an der Rossel: Offene Flussbereiche,
breiter Schilfgürtel und Auwald im Randbereich
Das Bergwerk Velsen stellte die Kohleförderung 2005 ein, ab dann wurde alles daran gesetzt, den entstandenen Schaden in der Umgebung rückgängig zu machen. Der "schwarze Fluss" wurde zu einer der Lebensaufgaben von Lothar Hayo, der auch bis heute eine der Leitfiguren der Vogelberingung im Saarland ist. Mit seiner fachkundigen und engagierten Begleitung und mit großem Arbeitseinsatz im Verbund von NABU und der RAG AG wurde dem Fluss in einem Bereich von ca. 3 km Länge und 500 Metern Breite sein natürliches Gesicht zurückgegeben. Im Rosseltal ist in den vergangenen 10 Jahren nicht nur Gras über seine bewegte Vergangenheit gewachsen, sondern vor allem Schilf. Der Bereich zwischen der Grube Velsen und Ludweiler ist einer der größten zusammenhängenden Schilfbereiche im Umland. Wo einst Bagger und Maschinen unterwegs waren, fühlen sich heute Biber, Ringelnatter und Teichrohrsänger wohl.

Akteure von damals und heute (v.l.n.r):
Rolf Klein, Wolfram Dörr, Lothar Hayo und Reinhold Jost
(Der Umweltminister, nicht der Eisvogel - siehe Text!)
Die positive Entwicklung dieses Naturschutzprojektes wurde nun in einer gemeinsamen Aktion von NABU und der RAG AG gefeiert im Rahmen einer Vorführung des Projekts für Schulklassen. Natürlich waren auch einige Akteure des Naturschutzes von damals und heute mit dabei. Auch eine mobile Beringungsaktion stand auf dem Programm. Erneuter Gast war der saarländische Umweltminister Reinhold Jost.



Spannende Fänge und "Reinhold"

Was soll man von einer Beringungsaktion erwarten, bei der gerade mal ein Zehntel der Netze steht, die in der Beringungsstation normalerweise zum Einsatz kommen. Die Antwort darauf lautet: Einiges!

Da darf das Erinnerungsfoto nicht fehlen!
Junges Kleinspecht-Männchen. Eines der Tages-Highlights
In knapp 4 Stunden wurden in nur vier Netzen 26 Vögel gefangen, ein in der Relation zur Beringungsstation überdurchschnittlich starker Fang. Dies beweist die Qualität des Rosseltals als Nahrungsfläche für insektenfressende Vogelarten. Eines der Highlights für alle Beteiligten war ein junges Kleinspecht-Männchen. Der Kleinspecht ist die kleinste Spechtart Mitteleuropas und ist etwa so groß wie ein Spatz. Dennoch hackt er wie die größeren Spechte auch Höhlen in Bäume, meistens in Weichholzarten wie Weiden, Erlen und Pappeln. Auch ist er sehr anspruchsvoll an seinen Lebensraum, wo er vorkommt gibt es oft vermehrt Totholz, was auf eine naturnahe Landschaft hindeutet. 

Noch spannender war aber der Fang eines Eisvogels. Das besondere an ihm: Er wurde von uns am Tag der Artenvielfalt gefangen und beringt - aber in Saarlouis-Lisdorf. Und es wird noch kurioser! Auch damals war unser Landes-Umweltminister Reinhold Jost vor Ort. Grund genug, das junge Eisvogel-Männchen kurzerhand auf den Namen "Reinhold" zu taufen. Mit einem so spannenden Fang hatte nun wirklich niemand bei so einer kleinen Aktion gerechnet!


Schlusswort: Bleiben Sie auf Sendung!


In Lisdorf steht nun der Herbstzug unmittelbar bevor und der August wird wohl prallgefüllt sein mit Terminen und Fangtagen. Vielleicht gibt es ja auch wieder die eine oder andere Seltenheit.

Auch der diesjährige Tag der offenen Tür findet am 30.08.2015 statt. Mehr Informationen dazu gibt es Anfang August an dieser Stelle! 

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch

02.07.2015

Kurzbericht zum Tag der Artenvielfalt 2015

Hallo zusammen!

In saftigem Grün präsentierte sich das IKEA-Biotop zum Tag der Artenvielfalt 2015
und auch das Wetter war bis auf ein kurzes Gewitter-Intermezzo durchgehend sonnig

Am vergangenen Wochenende (26.06.-27.06.) fand in Saarlouis der diesjährige saarländische Tag der Artenvielfalt statt. Die Hauptveranstaltung im Stadtpark Saarlouis wurde dabei durch die ornithologische Erfassung und die planmäßige Brutzeitberingung an der Beringungsstation "Mittleres Saartal" ergänzt. Wir möchten nun kurz Bilanz ziehen.


Tag der Artenvielfalt - Was ist das?

Der Tag der Artenvielfalt ist eine deutschlandweite Veranstaltung, die durch die Zeitschrift GEO ins Leben gerufen wurde. An zahlreichen Standorten über das ganze Land verteilt stellen Experten ihre Arbeit zur Erfassung in verschiedensten Artengruppen vor.
Auch das Saarland beteiligt sich jedes Jahr an wechselnder Örtlichkeit mit einer Veranstaltung, die von der Delattinia (der naturforschenden Gesellschaft des Saarlandes) zentral geplant und organisiert wird. In diesem Jahr wurde Saarlouis als Veranstaltungsort auserkoren, mit dem Thema "Artenvielfalt im urbanen Raum". In dieses Konzept fügt sich das IKEA-Biotop natürlich nahtlos ein, besteht die unmittelbare Nachbarschaft doch aus Industrieflächen im Osten, einer dichten Siedlung im Norden und nicht zuletzt dem Gewerbepark im Westen.


Spannendes Programm für Groß & Klein

Spannender Fang für die Kids: Ein junger Eisvogel.
Da darf das Erinnerungsfoto natürlich nicht fehlen!
Das Programm beinhaltete freitags einen Tag für die Bevölkerung, zu dem neben Schulklassen auch die breite Öffentlichkeit eingeladen war, im Rahmen von Exkursionen, Vorführungen und Ausstellungen die heimische Artenvielfalt zu erleben. An der Beringungsstation wurden insgesamt 3 Beringungsvorführungen über den ganzen Tag verteilt angeboten.  Daneben wurde für 15 besonders interessierte Kinder und Jugendliche ein Erlebniscamp im Rahmen der Initiative IQ-XXL veranstaltet. Die (sehr begeisterten) Teilnehmer schlugen in unmittelbarer Nähe zur Beringungsstation ihre Zelte auf und nahmen an den zahlreichen Wanderungen und Vorführungen teil. Natürlich war auch die Beringung ein Teil dieses Programms und die Freude war groß, dass sogar ein Eisvogel unter den Fänglingen war. Da konnte selbst das kurze Gewitter Samstag Morgen die Stimmung nicht vermiesen.


Umweltminister Jost zu Gast an der Beringungsstation

Die Gelegenheit, sich die Beringung mal ganz genau anzusehen.
V.l.n.r: Sebastian Kiepsch, Steffen Caspari (Zentrum für
Biodokumentation), Rolf Klein, Reinhold Jost

Ein wichtiger Gast fand sich am Samstag Mittag an der Beringungsstation ein: Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost besuchte anlässlich des Tags der Artenvielfalt die Station, um sich selbst ein Bild von der ehrenamtlichen Arbeit bei der Beringung zu machen. Bislang wird die Arbeit der NABU-Beringungsstation nur ideell durch das saarländische Umweltministerium gefördert, obwohl das Projekt in den letzten Jahren eine deutschlandweit beachtliche Größe erreicht hat und kontinuierlich Daten und interessante Ergebnisse geliefert hat, die auch im Rahmen des in der EU- Vogelschutzrichtlinie geforderten Monitorings Verwendung finden. Aus unserer Sicht besteht hier trotz knapper Kassen dringender Bedarf, die Situation erneut zu evaluieren und zu diskutieren, denn die Existenz der Beringungsstation hängt gerade finanziell am seidenen Faden. Es war uns daher eine besondere Freude, dass uns dieses Gespräch in näherer Zukunft zugesagt wurde.


Interessante Nachweise (auch für Experten)


Der zweite Tag der Veranstaltung ist traditionell für die Experten reserviert, die eine vollständige Aufnahme der von ihnen bearbeiteten Arten im Projektgebiet durchführen sollen. So tauchen eigentlich jedes Jahr auch einige seltenere Arten auf, die vorher an dieser Örtlichkeit noch nicht bekannt waren. Der Tag der Artenvielfalt erfüllt also auch einen Zweck in der biologischen Forschung im Saarland. Das IKEA-Biotop stand daher einen ganzen Tag für die verschiedenen Artexperten offen, die nach Herzenslust suchen, sammeln und bestimmen durften.

Totenkopfschwärmer (Acherontia atropos) - im Saarland nicht
jedes Jahr nachgewiesen, wandert nur bei günstigem Wetter
von Nordafrika und Südeuropa Richtung Norden.
Das bei uns gefangene Exemplar war sichtlich gezeichnet von
seiner Wanderung (Flügel stark abgenutzt)
Die Highlights im IKEA-Biotop waren in erster Linie auch keine Vogelarten: Den Anfang machte der Fang eines Totenkopfschwärmers am Freitag Abend, einer sehr großen Nachtfalterart, die zum ersten Mal im Biotop nachgewiesen wurde. Passenderweise wurde er in einem der Fangnetze für Vögel gefangen und von uns befreit und bestimmt. Die Schmetterlingexperten freute das trotzdem, zumal einige diese nordafrikanische und südeuropäische Art im Saarland noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Ein spannender Fund gelang samstags auch Volker John, der eine Flechtenart zum ersten Mal für das Saarland nachweisen konnte; und das an einem Baum mitten im IKEA-Biotop. Samstag Abend wurde dann auch noch die Fledermausfraktion bedient: Ein Kleiner Abendsegler verfing sich in unseren Fangnetzen, diese Art wurde vorher erst ein einziges Mal im Gebiet beobachtet.

Tannenmeise (Parus ater), Jungvogel - Als biotopsfremde
Nadelwaldart wird die Tannenmeise nur ausnahmsweise
gefangen, zuletzt war das 2010 der Fall.
Aber auch von uns Ornithologen gibt es einiges zu berichten: Herausragend waren die
Beobachtungen eines Seidenreihers und einer Schwarzkopfmöwe am Samstag, gerade die erstgenannte Art rastete erst ein einziges Mal im IKEA-Biotop. Bei der Beringung waren es vor allem die zahlreichen Eisvögel (4 Beringungen und ein Kontrollfang) und Orpheusspötter (6 Beringungen und 2 Kontrollfänge), die für Begeisterung sorgten, aber gerade der Nachweis einer Tannenmeise freute das Team der Station über alle Maßen, war es doch der erste Fang dieser Art seit 5 Jahren! Dies liegt nicht etwa daran, dass sie so selten ist (das Gegenteil ist der Fall!), sondern dass sie ausschließlich in Nadelwäldern brütet und Nahrung sucht und meist keinen nennenswerten Zug durchführt.



Fazit - Ein erfolgreiches Wochenende!

Nicht nur an den Gesichtern der Teilnehmer der Schüler-Camps war abzulesen, dass dieses Wochenende nachhaltig für die Natur begeistern konnte. Aus unserer Sicht ist der Tag der Artenvielfalt mittlerweile zu einer wichtigen Institution im Kalender geworden, gerade um der Allgemeinheit jedes Jahr auf Neue vor Augen zu führen, wofür sich Naturschützer und -forscher bei uns vor der Haustür einsetzen. Wir freuen uns schon auf den nächsten Tag der Artenvielfalt, zu dem wir sicherlich wieder unsere Netze aufschlagen.

An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an alle, die den Tag der Artenvielfalt in egal welcher Weise unterstützt haben, insbesondere natürlich an IKEA für die Verpflegung an beiden Tagen und an die Anwohner in Lisdorf für die Bereitstellung der privaten Wiese als Zeltplatz.


Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch



20.04.2015

Das war 2014 - ein Rückblick

Hallo zusammen!

Sperbergrasmücke, Jungvogel - Saarländischer Erstnachweis 2014

Mit Superlativen sollte man ja bekanntermaßen immer vorsichtig sein, aber das vergangene Jahr 2014 war für die Beringung im Saarland eines der spannendsten Jahre seit Beginn der systematischen Beringungstätigkeit.Wir möchten daher kurz Bilanz ziehen und die interessantesten Entwicklungen und Fänge vorstellen.


2014 - Das war Masse UND Klasse!
Bartmeise, Männchen - zuletzt 2010 gefangen
Mit dem Beginn der Vergleichsdatenerfassung in "Klein's Garten" in Biringen und der durchgehenden und intensiven Erfassung im IKEA-Biotop lagen die Beringungszahlen im vergangenen Jahr über 12.000 Individuen - so viele Vögel wurden von unserem Team in einem Jahr noch nie beringt. Speziell im IKEA-Biotop gab es 2014 drei der zehn fangstärksten Beringungstage aller Zeiten, darunter den stärksten jemals registrierten Tag mit 510 Gesamtfängen!


Masse und Klasse schließen sich dabei auch nicht gegenseitig aus: An beiden Fangplätzen gab es extrem artenreiche Jahre. In Klein's Garten gab es insgesamt 55 Arten, ein mehr als beachtliches Ergebnis! Im IKEA-Biotop wurden 80 verschiedene Arten beringt - nur das Jahr 2010, in dem beinahe durchgehend erfasst wurde, übertrifft mit 86 Arten dieses Ergebnis. Zählt man beide Standorte zusammen, wurde diese Bestmarke sogar mit exakt 90 Arten übertroffen.

Besonders erfreulich waren natürlich auch die großen Highlights 2014, mit der Sperbergrasmücke  und den gleich 3 Gelbbrauen-Laubsängern. Daneben gab es mit einem Sprosser auch noch einen unerwarteten Zweitnachweis für das Saarland mitten in der Brutzeit und das größte Aufkommen an Zwergdommeln im IKEA-Biotop.

Steinkauz - gefangen in "Klein's Garten"
Darüber hinaus gab es auch einige Arten, die nicht jedes Jahr gefangen werden, z.B. 5 Bartmeisen und einen Kuckuck. Speziell erstgenannte Art konnte im Saarland zuletzt 2010 nachgewiesen werden, ebenfalls durch Beringung im IKEA-Biotop.

Am Standort "Klein's Garten" ging neben dem Gelbbrauen-Laubsänger auch ein Steinkauz in die Netze, sowie zahlreiche Arten, die im IKEA-Biotop fehlen, z.B. zahlreiche Wacholder- und Misteldrosseln und gleich 3 Mittelspechte.



Häufige Arten - So häufig wie nie zuvor!

2014 war das erste Jahr seit Beginn der Erfassung, in dem die vier häufigsten Arten des IKEA-Biotops (Teichrohrsänger, Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Rohrammer) allesamt über 1000 Neuberingungen verzeichnen konnten. Neben der intensiven Erfassung ist aus unserer Sicht dabei vor allem auch die herausragende Brutsaison 2014 ein Faktor.

Rohrammer, Männchen
Insbesondere bei den Rohrammern kam in den vergangenen Jahren die Frage auf, ob diese aufgrund von Biotopsveränderungen seltener im IKEA-Biotop rasten. Diese Frage können wir nun mit "Nein" beantworten. Gerade der abfallende Trend in den Fangzahlen von 2009-2013 ist durch die Ergebnisse der letzten Fangperiode gebrochen. Wie schon im letzten Jahr vermutet, ist also wahrscheinlich die zeitliche Abdeckung des Rohrammerzuges das Problem: Der Hauptdurchzug der Rohrammern erstreckt sich von 01.-25. Oktober. Dies ist verglichen mit den anderen häufigen Arten das schmalste zeitliche Zugfenster. An jedem Fangtag in dieser Periode können potentiell große Zahlen an Rohrammern auftreten, teilweise über 100 Individuen pro Tag. Wenn gerade dann aus zeitlichen Gründen oder wegen der Wetterbedingungen die Beringung ausfällt, schlägt sich das unmittelbar auf die Fangzahlen nieder. Genau dieses methodische Problem bewirkte auch den "Pseudo-Trend" 2009-2013.

Vermutliche östliche Klappergrasmücke
Neben der Zeichnung der Schwanzfedern sprechen auch
Gesamteindruck, Flügelform und Augenfarbe gegen die
normalerweise in Mitteleuropa brütende Unterart curruca
Neben den Top-4 sind es vor allem die anderen Grasmücken, die 2014 auffallen. Wie schon im Herbst 2013 gibt es erneut Jahreshöchstzahlen bei Dorn-, Garten- und Klappergrasmücke zu vermelden. Insbesondere die Klappergrasmücke konnte im IKEA-Biotop fast doppelt so oft gefangen werden wie im Vorjahr. Diese Arten gehören auch zum häufigen Artenspektrum der Vergleichsfläche "Klein's Garten". Eine der dort gefangenen Klappergrasmücken war dabei besonders interessant: Aufgrund des optischen Eindrucks liegt die Vermutung nahe, dass sie einer der östlichen Unterarten (Südrussland) angehört. Die Bestimmung ist dabei ein großes Problem, auch wegen der Variabilität und eventueller Vermischung zwischen den Unterarten. Anhand einer entnommenen Federprobe soll jetzt mittels genetischer Untersuchung festgestellt werden, ob unser Verdacht hier richtig ist.


Mittelhäufige Arten - Stabiler Trend


Schilfrohrsänger - Eine von wenigen Arten, die 2014 einen
negativen Trend zeigten
Bei vielen mittelhäufigen Arten (z.B. Nachtigall, Beutelmeise, Orpheusspötter, ...) liegt 2014 auf dem Niveau der Vorjahre, mit teilweise sehr geringen Abweichungen in beide Richtungen. Aus zeitlicher Sicht konnte auch keine signifikante Abweichung des Zugs dieser Arten gegenüber dem langjährigen Mittel festgestellt werden.

Eine einzige Art (der Schilfrohrsänger) zeigt deutlich geringere Fangzahlen, jedoch sind hier in den Vorjahren schon immer starke Schwankungen aufgetreten, so dass man diesen Effekt nicht überbewerten sollte.


Eisvogel, Weibchen - Rekordjahr 2014
Eine sehr positive Entwicklung gab es 2014 bei den Eisvögeln. Mit 55 beringten Exemplaren wurde ein neues Jahres-Allzeithoch festgestellt (zuvor 27 Ex. 2013). Zeitweise konnten bis zu 7 Eisvögel an einem Tag gefangen werden, was für das Nahrungsangebot im Gebiet spricht.

Interessant ist auch der Fang von gleich 2 Individuen mit fremden Ringen (beide Vogelwarte Helgoland). Wir sind gespannt, aus welchem Teil des Einzugsgebiets (ganz NW-Deutschland bis Hessen) diese stammen.

Dass Eisvögel auch längere Zugstrecken überwinden können, zeigte ein Wiederfund eines von uns beringten Eisvogel-Weibchens, das in Nordspanien von anderen Beringern erneut gefangen wurde. Ebenfalls konnte schon ein in Thüringen beringter Eisvogel im IKEA-Biotop wiedergefangen werden.
 
Rotdrossel - Hübscher Beifang zu den Feldlerchen
Der seit 2012 durchgeführte Feldlerchenfang verlief 2014 äußerst erfolgreich, mit insgesamt 133 Fängen an beiden Standorten. Zum ersten Mal wurde damit die magische Marke von 100 Gesamtfängen geknackt. Klein's Garten hat sich dabei allerdings als wenig geeignet herausgestellt, mit gerade einmal 4 Fängen bei mehreren Aktionen. Interessant war dabei auch der nächtliche Fang einer Rotdrossel im IKEA-Biotop, die wohl mit den Feldlerchen unterwegs war.

Kernbeißer, Weibchen - Nur einer dieser typischen Wintergäste
ging 2014 im IKEA-Biotop in die Netze
Die späten Durchzügler (Heckenbraunelle, Zaunkönig, Amsel, Blau- und Kohlmeise), welche in der Vergangenheit schon mehrmals durch invasionsartige Ansammlungen aufgefallen sind, waren letztes Jahr allesamt nur durchschnittlich vertreten. Dies repräsentiert ganz gut den Wetterverlauf im Spätherbst 2014, der sehr mild ausfiel und nur wenige Frostnächte brachte, so dass viele Kurzstreckenzieher bereits nördlich des Saarlands ihr Winterquartier bezogen. Dadurch waren auch typische Wintergäste nur selten oder gar nicht aufgetreten: Gerade mal 1 Kernbeißer und 6 Erlenzeisige konnten im Herbst gefangen werden, Birkenzeisige und Bergfinken sind (zumindest im IKEA-Biotop) ganz ausgeblieben.


Seltene Arten - Erstnachweise, Zweitnachweise und mehr! 

Gelbbrauen-Laubsänger - Nicht 1, nicht 2, gleich 3 beringte
Exemplare dieser bundesweit seltenen Art gab es 2014
an beiden Fangstandorten.
Dass 2014 für uns auch das Jahr der großen Sensationen war, konnte man ja schon den letzten 3 Posts entnehmen.

Die Sensation 2014 war der nunmehr 5. Saarländische Erstnachweis an der Beringungsstation mit der Sperbergrasmücke. Sie war eine Art, die seit Beginn der systematischen Beringung unter den heißen Kandidaten vermutet und nun endlich nachgewiesen werden konnte - ein enormer Erfolg für das ganze Team!
 
Am "grünen Tisch" wird wohl über einen weiteren vermeintlichen Erstnachweis für das Saarland diskutiert werden müssen: Gleich 3 (!!!) Gelbbrauen-Laubsänger waren 2014 unter den Fänglingen. Den Anfang machte ein Fang in "Klein's Garten" am 29.09., was eigentlich schon Grund genug zur Freude ist. Aber das Team IKEA konnte knapp 3 Wochen später mit gleich 2 Fängen an einem Tag nachlegen. Im Saarland gab es vorher einen (aus unserer Sicht) zweifelhaften Nachweis aus den 60er Jahren, der vor allem zeitlich vollkommen aus dem Rahmen fällt. Zur damaligen Zeit war aber noch extrem wenig über diese in Mitteleuropa selten auftretende Art bekannt, so dass der Nachweis akzeptiert wurde. Wahrscheinlich muss die Avifaunistische Kommission des Saarlandes (AKSL), welche die zuständige wissenschaftliche Instanz ist, diesen Fall erneut aufrollen. Bis dahin werden wir unsere Fänge selbstverständlich als Zweit-, Dritt- und Viertnachweis führen.


Sprosser, Weibchen - Saarländischer Zweitnachweis,
mit Brutfleck und in aktiver Handschwingen-Mauser
Ein definitiver Zweitnachweis gelang uns schon in der Brutzeit mit einem Sprosser, dem östlichen Verwandten der Nachtigall. Gerade die bizarren Umstände dieses Fangs machen ihn aber umso interessanter: Ein adultes Weibchen ging mitten in der Brutzeit ins Netz. Es waren noch Reste des sogenannten "Brutflecks" zu erkennen, einer kahlen Stelle am Bauch, an denen brütende Vögel sich Federn ausrupfen, um das Gelege besser wärmen zu können. Außerdem führte der Vogel eine Großgefiedermauser durch, es fehlten zahlreiche Schwingen im Handflügel, sowie der komplette Schwanz, die Flugfähigkeit war dadurch erheblich eingeschränkt. Soweit wäre das nicht unbedingt überraschend, wäre nicht das Brutgebiet ca. 600 km Luftlinie entfernt. Aus unserer Sicht sind 2 Szenarien denkbar: Entweder es gab eine Brutaufgabe im angestammten Gebiet und der Vogel ist von dort abgewandert und begann anderenorts die Mauser; oder es gab in der Umgebung des Biotops eine (missglückte) Mischbrut von Nachtigall und Sprosser. Was zutrifft, lässt sich (noch) nicht abschließend klären. Da Brutvögel aber dazu neigen, einen angestammten Brutplatz im nächsten Jahr wieder aufzusuchen, sind wir gespannt ob wir 2015 vielleicht den beringten Sprosser erneut fangen.


Zwergdommel, Jungvogel - 1 von 4 Exemplaren 2014
in arttypischer Schreckhaltung ("Pfahlstellung")
Gegenüber diesen extremen Ausnahmeerscheinungen sind die anderen Seltenheiten fast zur Nebensächlichkeit verkommen. Sicherlich nicht verdient haben das aber die vier (!!) juvenilen Zwergdommeln, welche im August und September 2014 im IKEA-Biotop beringt werden konnten. Diese Anzahl stellt nicht nur einen Jahresrekord dar, sondern übertrifft auch die Summe aller zuvor beringten Zwergdommeln (3) im Gebiet. Dies zeigt unmittelbar, dass auch nicht im Gebiet brütende Vogelarten enorm von der Fläche profitieren. Der Aufwärtstrend bei der Zwergdommel lässt auch auf eine mittelfristige Ansiedelung hoffen.


Schlusswort - Das bringt 2015

Schönes Wetter beim vorletzten Tag der offenen Tür 2012,
hoffentlich auch wieder 2015!
Das kommende Jahr wird kein einfaches Jahr an der Beringungsstation sein. Die Intensität der Beringung, wie sie 2014 vorherrschte, wird in dieser Form nicht mehr durchführbar sein. Der größte Segen 2014 wird in Zukunft auch der größte Fluch sein: Hohe Fangzahlen erfordern mehr Beringungshelfer. An Spitzentagen müssen durchgehend mindestens 4 gut ausgebildete Personen vor Ort sein, um das Aufkommen an Vögeln zu bewältigen. Die große Frage steht im Raum, wie man wissenschaftliche Erfassung mit kleinerem Aufwand betreiben kann oder wie man weitere Leute für diese Art der ehrenamtlichen Tätigkeit im wissenschaftlichen Naturschutz motivieren kann.


Nicht zuletzt deshalb wird es 2015 nach dem Ausfall im letzten Jahr wieder einen Tag der offenen Tür geben. Ziel ist es, das Projekt der breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Doch auch aus dem Kreis der Beringer und der Aktiven im Naturschutz möchten wir deutschlandweit zur Mitarbeit aufrufen: Wer sich dafür interessiert, an der Station ehrenamtlich auszuhelfen (1 Tag, 1 Wochenende, 1 Woche, ...) sollte nicht zögern und uns kontaktieren. Wir würden uns freuen, insbesondere andere Beringer begrüßen zu können.


Wir hoffen jedenfalls auf ein spannendes und artenreiches 2015!

Im Namen der Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch