Hallo zusammen!
Der zweite trockene Sommer in Folge hat deutliche Spuren im IKEA-Biotop hinterlassen, zum ersten Mal seit seiner Entstehung 1997 ist die Wasserfläche im IKEA-Biotop vollständig ausgetrocknet.
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Blick auf die ausgetrocknete Wasserfläche durch das Netz für Wasservögel
(Foto: T. Hoffmeister) |
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Aufgerissener Boden durch anhaltende Trockenheit.
(Foto: T. Hoffmeister) |
Gut ein Drittel des Gebietes bestehen aus Feucht- und Wasserflächen mit gewöhnlich bis zu einem Meter Wassertiefe. In den niederschlagsarmen Sommermonaten entstehen hier regelmäßig Schlickflächen und Flachwasserzonen, welche besonders für Limikolen und Rallen interessante Rastflächen bieten. Bereits im letzten Jahr ging der Wasserpegel während der sommerlichen Dürre bis auf wenige Zentimeter zurück, die Gewässerbereiche schrumpften tagtäglich. Nur durch vereinzelte Gewitter konnte sich im Sommer 2018 überhaupt etwas Wasser halten.
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Nur von kurzer Dauer: Wenn wie hier Regen fällt, hält er sich nur wenige Tage. In wenigen Tagen versickern auch ergiebige Regenmengen. Offenbar ist der Grundwasserstand auch betroffen.
(Foto: T. Hoffmeister) |
In diesem Jahr sollte sich dann die Lage nochmals verschärfen: Der zweite Dürresommer in Folge hatte Saarlouis fest im Griff. Mit nur wenigen Regentagen und weit unterdurchschnittlichen Regenmengen waren die letzten drei Monate einfach zu viel: Das Gebiet liegt seit einigen Wochen mehr oder weniger auf dem Trockenen. Die wenigen Regengüsse des Sommers haben zwar kurzzeitig für Erfrischung gesorgt, doch das Gebiet war nur scheinbar wieder mit Wasser gefüllt. Die Oberflächenwässer, sowie die eingeleiteten, gefilterten Dachwässer des IKEA-Komplexes sind binnen weniger Tage wieder versickert. Der Grundwasserspiegel scheint offenbar nach 2018 immer noch vorgeschädigt zu sein.
Veränderungen im Gebiet ursächlich
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Blick in die Vergangenheit: Noch 2010 war die Wassertiefe
verbreitet über 1,20 Meter. Heute wird dieser Wert zu keinem
Zeitpunkt mehr erreicht.
(Foto: S. Kiepsch) |
Doch ist alleine die Dürre daran schuld? Wir sagen nein! Das IKEA-Biotop ist ein dynamisches System, das sich in den letzten 20 Jahren seit seiner Entstehung auch grundlegend verändert hat. Der bis heute anhaltende Aufwuchs der gesamten Vegetation hat dazu geführt, dass alljährlich eine große Menge an Biomasse entsteht, die beim Absterben zunächst im Gebiet verbleibt. Hinzu kamen über viele Jahre auch groß Mengen an Flugsedimenten von nahegelegenen Baustellen (z.B. IKEA-Anbau, Straßenneubau B269n, Industriegebiet Lisdorfer Berg).
An naturnahen Standorten kann durch Hochwässer eine Erosion und Abspülen dieser Einträge erfolgen, im künstlich angelegten IKEA-Biotop ist dies aber praktisch ausgeschlossen: Der tiefste Punkt des Biotops liegt immer noch höher als die benachbarte Saar-Staustufe Lisdorf/Ensdorf. Selbst wenn die Saar Hochwasser führt, ist im IKEA-Biotop davon nichts zu bemerken. In der Folge beobachtet man eine Jahr für Jahr zunehmende Verlandung der Wasserbereiche, die spürbar zum Absinken der Wassertiefe – auch im komplett gefüllten Zustand – geführt hat. Wenn ohnehin weniger Wasser vorhanden ist, dann ist die Auswirkung von Dürreereignissen umso größer.
Aus unserer Sicht ist hier dringend eine großangelegte Pflegemaßnahme mit Ausbaggern der Wasserfläche erforderlich, um die Gewässer und das gesamte Gebiet in ihrem Charakter zu erhalten. Als ausgewiesenes Natura 2000 Vogelschutzgebiet sind diese Erhaltungsmaßnahmen sogar als Pflichtaufgabe der lokalen Naturschutzbehörden gesetzlich verankert. Hier müssen nun aber auch Taten folgen.
Welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Für das Gewässerökosystem bedeutet 2019 einen Einschnitt. Durch das Austrocknen werden Totalverluste für Wasserschnecken und gewässerbewohnende Insekten wie z.B. Libellenlarven und Wasserkäfern befürchtet. Dies bedeutet im nächsten Jahr ein wohl geringeres Nahrungsangebot für andere Tierarten, neben Vögeln sind natürlich auch Amphibien und Reptilien betroffen. Ob sich dies auf die Brutvögel auswirken wird, werden wir versuchen im Rahmen unserer Brutzeiterfassung zu überprüfen.
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Tüpfelsumpfhuhn, noch 2018 wurden 5 Individuen beringt.
2019 wurde die Art noch nicht im Gebiet nachgewiesen.
(Foto: S. Kiepsch) |
Ein komplettes Absterben des Fischbestands im IKEA-Biotop konnte bereits vor einigen Wochen beobachtet werden, als der Sauerstoffgehalt des Wassers wohl zu gering wurde. Allerdings handelte es sich dabei größtenteils um illegal ausgesetzte Goldfische, die ohnehin nur durch menschliche Eingriffe ins Gebiet kamen. Zumindest diese Entwicklung kann sich in den Folgejahren unter Umständen auch positiv auswirken: Ein fischfreies Gewässer bedeutet für viele Insektenlarven und Amphibienlaich ein Fehlen von Fressfeinden. Damit könnte sogar im günstigsten Fall eine Neuansiedelung einiger Arten einher gehen.
Dürre anhand Beringungsergebnissen nachvollziehbar
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Einer von insgesamt drei Flussregenpfeifern (Foto: T. Hoffmeister) |
Die Auswirkungen des Wetters schlagen sich auch unmittelbar auf die Fangergebnisse der Beringungsstation nieder: Das wenige Wasser hat dazu geführt, dass dieses Jahr nur wenige Limikolen und Rallen gefangen wurden. In diesem Jahr wurde bislang kein Tüpfelsumpfhuhn gefangen, zuletzt war dies 2016 der Fall. Auch Limikolen machen sich rar: Nur jeweils
3 Bekassinen und Flussuferläufer konnten im Sommer gefangen werden (vgl. 2018:
13 Bekassinen,
6 Flussuferläufer). Allerdings: Eine neue Art entdeckt das plötzlich veränderte IKEA-Biotop für sich: Die ausgetrockenen Gewässerbetten wirkten attraktiv auf Flussregenpfeifer, die zum ersten Mal überhaupt gefangen werden konnten! An mehreren Terminen wurden insgesamt drei Individuen beringt, so dass man hier nicht bloß von Zufall ausgehen muss.
Im Namen der NABU-Beringungs-AG,
Thorin Hoffmeister & Sebastian Kiepsch