Aus aktuellem Anlass gibt es einen kurzen Vorabbericht der Herbstzugberingung:
Am gestrigen Samstag gelang unserem Team gegen 11:00 Uhr der Fang einer Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) im IKEA-Biotop. Dies ist der erste Nachweis dieser Art überhaupt im Saarland!
Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria), der am 20.09. beringte Jungvogel |
Für das IKEA-Biotop ist dies die 172. nachgewiesene Art und die 111. Art, welche von uns beringt werden konnte.
Nach 6 Jahren endlich drin!
Sperbergrasmücke, Schwanzzeichnung |
Es war für uns mit dem Start der intensiven und systematischen Beringungstätigkeit eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis wir "sie" endlich haben. Nun ist es nach mehr als fünf Jahren endlich gelungen.
Der gestern erzielte Fang ist nur aufgrund der langjährigen Arbeit vieler Menschen vor Ort gelungen, die in rein ehrenamtlicher Tätigkeit ihre Freizeit und Arbeitskraft eingesetzt haben, um diese biologische Langzeitstudie am Leben zu erhalten!
Ohne Beringung keine Chance auf Nachweis!
Hier war sie drin! Fangstandort der Sperbergrasmücke mit Brombeergebüschen und Feldgehölzen am Rand des Biotops |
Hinzu kommt die Tatsache, dass Sperbergrasmücken auf dem Zug nicht unbedingt auffallen: Meist sind sie in dichten Hecken anzutreffen und verhalten sich (bis auf Warnrufe) äußerst heimlich. Man kann den Vogel also - wenn er sich denn einmal irgendwo aufhält - auch nur schwer feststellen. Und damit ist er nicht alleine! Zahlreiche - auch häufigere - Arten werden im Saarland fast nur durch die systematische Beringung erfasst, so z.B. der Rohrschwirl (Locustella luscinioides) und der Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus).
...und was genau führt sie ins Saarland?
Sperbergrasmücke, Kopfansicht. Die sehr helle Augenfarbe ist eigentlich untypisch für Jungvögel, vermutlich ist dieses Exemplar in seiner Entwicklung schon fortgeschrittener. |
Sperbergrasmücke, Verbreitung 2014 Der rote Punkt im Saarland kennzeichnet unseren Fang und ist weit und breit der einzige Nachweis Quelle: ornitho.de |
Neue Ziele - neue Arten
Eine neue Art für die saarländische Artenliste bedeutet auch unweigerlich die Frage, was denn eigentlich noch hierzulande nachgewiesen werden könnte. Hier ein paar der heißesten Kandidaten:
- Kleines Sumpfhuhn (Porzana parva) bzw. Zwergsumpfhuhn (Porzana pusilla) - beides Brutvögel in Deutschland, aber nicht im Saarland. Ihre Lebensweise in Feuchtgebieten ist sehr zurückgezogen, sie sind abgesehen von ihren Rufen nur schwer nachweisbar. Doch eben diese Rufe äußern beide Arten nur im Brutgebiet. Auf dem Durchzug, welcher sie mit Sicherheit auch über das Saarland führt, ist man auf Zufallsbeobachtungen (oder eben Zufallsfänge) beschränkt. Für beide Arten ist das Saarland noch ein weißer Fleck auf der Landkarte, in den Nachbarregionen gibt es bereits fast überall Nachweise. Als eines der wichtigsten Feuchtgebiete des Saarlands ist das IKEA-Biotop praktisch prädestiniert.
- Gelbbrauen-Laubsänger (Phylloscopus inornatus) - Brutvogel im Norden Russlands bis Sibirien, der zwar eigentlich in Südostasien überwintert, aber alljährlich nach Mitteleuropa einfliegt. Auch hier gibt es bereits Nachweise aus Luxemburg und Westdeutschland.
- Mariskenrohrsänger (Acrocephalus melanopogon) - Brutvogel in Südeuropa bis Österreich, die nördlichen Brutvögel ziehen im Winter nach Südeuropa und kommen im Frühjahr wieder zurück. Dabei schießen einige Exemplare je nach Witterung auch "über das Ziel hinaus" und werden in Deutschland gesichtet bzw. auch gefangen, wie z.B. in diesem Jahr in einem Beringungsprojekt am Eich-Gimbsheimer Altrhein nahe Worms.
So oder so, wir hoffen, dass wir nicht wieder fünf Jahre auf den nächsten Erstnachweis warten müssen! Jetzt geht jedenfalls der Herbstzug weiter und ein guter Teil der durchziehenden Vögel steht noch aus. Da ist noch einiges drin!
Im Namen des gesamten Beringungsteams,
Sebastian Kiepsch
Glückwunsch zum Erstnachweis UND zum schön geschriebenen Artikel. Mich hat die helle Iris auch irritiert, zumal in ornitho ein Foto eines Jungvogels aus dem gleichen Zeitraum mit ganz dunkler Iris veröffentlicht ist. Also doppeltes Phänomen!
AntwortenLöschenGrüße an das ganze Beringerteam
Martin Buchheit