27.08.2014

2014 bisher - milder Winter, neue Fläche, gute Brut

Hallo zusammen!

Sprosser (Luscinia luscinia) - adultes Weibchen - Das Highlight der Brutzeit 2014
Es war etwas länger still um uns geworden, was nicht etwa heißen soll, dass die Beringung aufgegeben wurde - im Gegenteil, in diesem Jahr läuft es ganz gut. Einzig die Zeit, die Daten auch mal anzuschauen und auszuwerten hat bislang gefehlt. Doch mit dem Ende der Brutzeiterfassung wird es mal wieder Zeit, auf den Beginn des Beringungsjahres zurückzublicken und Bilanz zu ziehen.


Allgemein - Biotopmaßnahmen und ungebetene Besucher

Neue Flachwasserzone für das Biotop!
Die umgestaltete Fläche kurz nach Fertigstellung

Mit besonderer Freude erfuhren wir im Winter, dass wir in diesem Frühjahr die Möglichkeit zu einer biotopverbessernden Maßnahme bekommen. Unter der Federführung von Ulrich Leyhe (Vorsitzender NABU OG Saarlouis) und in Zusammenarbeit mit der Firma Meyers konnte Ende Februar eine etwa 200 m² große Wiesenfläche in eine teilüberschwemmte Flachwasserzone mit geringer Uferschräge umgewandelt werden. Auch der angrenzende Schilfgürtel wurde in Rahmen der Aktion etwas abgetragen, um der angrenzenden offenen Wasserfläche den Charakter eines Altarms zu geben. Die Flachwasserzone (auf dem Foto der Stand kurz nach dem Ausbaggern) hat sich seither bestens entwickelt und bietet, sofern genügend Wasser vorhanden ist, beste Rastbedingungen für Watvögel und Rallen im Biotop.

Hier befindet sich die neu gestaltete Fläche
(Klick zum Vergrößern)
Nach dieser durchweg positiven Aktion gab es aber auch ein sehr unerfreuliches Ereignis: Durch einen Unbekannten Täter wurden Anfang April Teile des Fanggeräts und Stegs beschädigt. Der Sachschaden beläuft sich auf über 1000 €, die Polizei ermittelt. Umso schlimmer: Große Teile der beschädigten Netze waren komplett neu angeschafft für die 2014er Saison. Das so entstandene Finanzloch konnte bis heute nicht gestopft werden und so klaffen bis dato auch noch Löcher in vielen Fangnetzen. Eines zeigt diese Aktion ganz klar auf: Ohne große Sponsoren oder andere längerfristige Zuwendungen wird das Projekt Beringungsstation über kurz oder lang nicht mehr zu betreiben sein...


Frühjahrszug - milder Winter = weniger Vögel?

Wenn man den Winter 2013/2014 mit einem Wort zusammenfassen sollte, wäre es wahrscheinlich "Herbst". Die Temperaturen lagen tagsüber nur selten unterhalb des Gefrierpunkts, Schnee gabs nur im Fernsehen und im Saarland typische Wintergäste wie Erlenzeisige, Raubwürger oder Kornweihen blieben lieber noch etwas weiter nördlich.

Bergpieper (Anthus spinoletta)
Eines der Highlights in diesem Frühjahr
Auch bei der Beringung  hat sich dieser sehr spezielle Winter bemerkbar gemacht. Speziell im Vergleich mit dem Frühjahr 2013, in dem durch einen Zugstau wegen des Wintereinbruchs im März eine gewaltige Zahl von Vögeln notgedrungen im Saarland und auch im IKEA-Biotop rasten mussten, fällt das Fazit dieses Jahr wesentlich unspektakulärer aus.
Subjektiv hatte man bereits bei den Beringungsaktionen den Eindruck, dass viele Arten und Individuen eine längere Rast vermeiden und lieber schnell ins Brutgebiet durchstarten, teilweise lagen die absoluten Fangzahlen sehr niedrig mit gerade mal 20-30 Beringungen pro Fangtag. Auch die Aufenthaltszeiten im Biotop waren vergleichsweise kurz, gerade im Vorjahr blieben z.B. die Blaukehlchen über eine Woche im Gebiet, in diesem Jahr gerade mal 1-2 Tage.

Auch der DDA (Dachverband Deutscher Avifaunisten) hat die beiden Frühjahre 2013 und 2014 in einem kürzlich erschienenen Artikel unter die Lupe genommen, was interessante Ergebnisse zeigt. Sehr lesenswert!

Auch die gehen mal ins Netz:
Pierre Geller mit gefangener belgischer Brieftaube
Trotz geringer Fangzahlen hatte der Frühjahrszug auch so seine Momente: Die Highlights der diesjährigen Beringung waren vor allem ein Bergpieper (01.04.2014) und eine Zwergschnepfe (13.04.2014), aber auch ein interessanter Kontrollfang eines Schafstelzen-Männchen mit Ring der Vogelwarte Paris. Alle diese Arten ziehen regelmäßig durch und über das Gebiet, werden aber nicht jedes Jahr gefangen. Wir freuen uns daher über jeden Nachweis im Frühjahr.

Die neu gestaltete Fläche konnte nach ihrer Fertigstellung bereits zahlreiche rastende Watvögel anziehen. Es konnten so auf dem Frühjahrszug bereits 3 Waldwasserläufer gefangen und beringt werden! Wir sind gespannt, ob die neue Flachwasserzone unsere Erwartungen erfüllt.


Brutzeit 2014 - Verlierer und Gewinner

Feldschwirl (Locustella naevia) - Großer Verlierer 2014?
Bereits im letzten Jahr hat sich die eine oder andere Veränderung des Brutbestands angedeutet, vor allem bei den im Randbereich des Biotops brütenden Orpheusspöttern, denen durch die wachsenden Heckenstrukturen langsam aber sicher die Brutplätze ausgehen. Diese Trends haben sich auch in diesem Jahr fortgesetzt, der Orpheusspötter brütet nur noch mit maximal 2 Paaren im Biotop, wie auch schon im Vorjahr.
Zudem gab es einen massiven Einbruch beim Feldschwirl, der zum ersten Mal seit Beginn der Brutzeiterfassung keine erfolgreiche Brut im Gebiet hatte. Ob dies eine Folge der veränderten Vegetationsstruktur des Gebiets oder lediglich eine natürliche Schwankung ist, werden die nächsten Jahre zeigen

Doch diese zwei Arten bilden die absolute Ausnahme in diesem
Jahr: Die Saison 2014 war aufgrund der langen Schönwetterperiode im Mai und Juni ausgesprochen gut zur Aufzucht von Jungvögeln geeignet. Für viele Arten (allen voran Blau- und Kohlmeisen sowie sämtliche Grasmücken) wurden hohe Zahlen ausgeflogener Jungvögel festgestellt und durchweg mehrere Bruten hintereinander! Insbesondere bei Mönchsgrasmücken waren diese Mehrfachbruten anhand der Entwicklungsstadien gefangener Jungvögel gut nachzuvollziehen.

Auch andere typische Bewohner des Gebiets hatten großen Bruterfolg: Bei den Teichrohrsängern gab es im Vergleich mit dem Durchschnitt der Vorjahre eine spürbar höhere Zahl gefangener Jungvögel, auffällig war vor allem auch das zeitlich sehr frühe Ausfliegen der Jungen bereits Mitte Juni! Einige Paare brüteten daher gleich noch einmal, so dass auch Mitte August noch gerade erst flügge gewordene Jungvögel gefangen wurden.


Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus)
Wieder kurzzeitiger Brutverdacht 2014!
Auch in diesem Jahr gab es wieder ein singendes Drosselrohrsänger-Männchen im Gebiet, welches auch gefangen werden konnte. Interessanterweise trug dieser einen Ring der Beringungszentrale Brüssel - wo er aber genau beringt wurde, wissen wir noch nicht. Im Gegensatz zum Vorjahr, als ein Drosselrohrsänger während der gesamten Brutzeit singend beobachtet werden konnte, beschränkte sich in diesem Jahr die Gesangsaktivität auf ca. eine Woche. Danach gab es auch keine weiteren Fänge mehr.



Kurzzeitiger Brutverdacht bestand auch beim Zwergtaucher, der in der Kernbrutzeit mehrfach balzrufend aus dem Schilfgürtel gehört werden konnte. Jungvögel wurden allerdings nicht gesichtet. Im letzten Jahr konnten noch mehrere Zwergtaucher gefangen werden, was bislang 2014 nicht gelang.


Brutzeit 2014 - Highlights

Sprosser (Luscinia luscinia) - Flügel
Trotz aktiver Handschwingenmauser
ohne Zweifel als Sprosser zu identifizieren.
Für die Experten: 1. HS < HD, 2. HS auf 4.
Flügellänge: 92,0 mm (!!)


Das größte Highlight vorweg: Vollkommen unerwartet wurde am 19.06. mitten in der Brutzeit ein adultes Sprosser-Weibchen gefangen. Dieser Fang stellt (Anerkennung vorbehalten) einen Zweitnachweis für das Saarland dar.
Der Sprosser ist sehr nahe mit der Nachtigall verwandt und brütet im äußersten Norden und Osten Deutschlands. Seine Zugstrecke führt ihn nach Osten über den Balkan und die Arabische Halbinsel bis nach Ostafrika.
Bereits 2009 wurde während des Herbstzuges ein junger Sprosser gefangen, der vermutlich die falsche Zugroute nach Südwesten eingeschlagen hatte. Dieses Phänomen ist als "Spiegelzug" bekannt. Oftmals finden die betroffenen Vögel dann keine geeigneten Rast- und Überwinterungsgebiete auf der Zugstrecke, für diese endet der erste Herbstzug daher tödlich
Bei diesem Altvogel (der den Zugweg bereits erfolgreich mindestens 1x hin und zurück absolviert hatte) ist ein solches Zugverhalten absolut rätselhaft, vermutlich durchstreifte er nach einer erfolglosen Brut (Brutfleck war vorhanden!) die Umgebung. Bei Langstreckenziehern wie dem Sprosser kann das Wort "Umgebung" dann schon einmal mehrere hundert Kilometer Strecke umfassen. Umso erstaunlicher: Der Vogel befand sich mitten in der Mauser und erneuerte gerade die Handschwingen, welche die Hauptantriebsfedern beim Flug sind.

Kuckuck (Cuculus canorus), kuckuck, ruft's aus dem Netz
Nach 2011 gelang außerdem zum zweiten Mal der Fang eines Kuckucks im IKEA-Biotop. Auc
h diesmal handelte es sich wieder um ein Weibchen, das am frühen Morgen in eines der beiden großmaschigen Netze ging. Kuckucke sind von April bis Juni/Juli regelmäßige Gäste im Gebiet, wo sie als Brutparasit vermutlich Nester von Wirtsvögeln für ihre Eier suchen (z.B. Teichrohrsänger).
Junge Kuckucke konnten seit Beginn der Beringungstätigkeit allerdings noch nicht im Gebiet gesichtet, geschweige denn gefangen werden.




Ausblick - Aushilfen für den Herbstzug gesucht!

We want you - als Beringungshelfer!
Auch diesen Herbst wird wieder beringt, soweit es die Zeit aller Beteiligten erlaubt. Das Team der Beringungsstation sucht dafür wieder Verstärkung! Wer gerne in der Natur unterwegs ist und praktischen Naturschutz erleben möchte, ist herzlich eingeladen, im Rahmen eines Schnupper-Tags unsere Arbeit kennenzulernen und gerne auch regelmäßig auszuhelfen. Besondere Vorkenntnisse sind dafür nicht erforderlich (werden im Rahmen der Tätigkeit vermittelt), Artenkenntnis der heimischen Vogelwelt ist jedoch hilfreich und ein Fernglas zur Beobachtung des Gebiets von Vorteil.
Und der obligatorische Hinweis: Die Arbeit an der Station ist rein ehrenamtlich - es kann leider keine Erstattung von Fahrtkosten oder finanzielle Aufwandsentschädigung erfolgen.

Wir würden uns freuen, von Ihnen zu hören!



Anhang - Brutzeit-Statistik 2014

(vgl. auch 2013 bzw. 2012)

Die Fangzahl in diesem Jahr lag etwas höher als 2013, vor allem durch den großen Bruterfolg einiger Arten. In der Auflistung fehlen spät ausgeflogene Jungvögel, z.B. beim Teichrohrsänger!





Nicht gefangene Brutvogelarten

Blässhuhn - sichere Brut
Bluthänfling - Brutverdacht im näheren Umfeld
Stieglitz - Brutverdacht im näheren Umfeld
Zwergtaucher - Brutverdacht