01.10.2013

Zwischenbericht vom Herbstzug 2013


Der Herbstzug 2013 ist im IKEA-Biotop bereits im vollen Gange und für einige Arten bereits so gut wie vorüber, es ist an der Zeit schon einmal zurückzublicken auf die Ergebnisse der letzten Wochen.


Wetter: Viel Sonnenschein im August und Rekordregenmengen im September

Neuntöter (Lanius collurio)
Ein Jungvögel aus der Brut 2013, der ersten Brut des
Neuntöters im IKEA-Biotop seit über 10 Jahren
Das Wetter war in dieser ersten Zughälfte überwiegend positiv. Von Ende Juli bis Anfang September sank durch lange und beständige Phasen mit Sonnenschein der Wasserstand immer weiter ab, die Schlickflächen lagen offen. Das Nahrungsangebot für die im Biotop brütenden, bodenbewohnenden Rallen und durchziehende Watvögel war ausgezeichnet und so konnten zahlreiche Fänge und Beobachtungen von Vertretern beider Artengruppen verzeichnet werden. Auch spät brütende Arten, die Ende Juli noch mit der Jungenaufzucht beschäftigt sind, profitierten vom guten Wetter - so z.B. auch das im Biotop brütende Neuntöter-Paar, das mindestens 2 ausgeflogene Jungvögel hervorbrachte.

Das Kontrastprogramm zum freundlichen Wetter im Juli und August folgte Anfang bis Mitte September: Ein Sturmtief brachte nach langer Hochdruckphase über zwei Wochen hinweg viel Regen. Den traurigen Höhepunkt dieser Phase stellte eine Gewitterfront dar, die ausgerechnet in der Nacht auf unseren Tag der offenen Tür am 08.09. ankommen musste und mit ca. 30 l/m² das Gebiet regelrecht überflutete, aber im Gegensatz dazu die Besucherflut in Grenzen hielt.


Tag der offenen Tür: Es gibt kein schlechtes Wetter...

...nur schlechte Ausrüstung: Das erste Opfer des ankommenden Gewitters war ein Pavillon, der gegen 02:00 Uhr unter der Last extremer Regenmengen in kürzester Zeit zusammen brach und irreparabel beschädigt wurde. Dieser wurde kurzerhand morgens in ein "Sonnensegel" umfunktioniert.

Wendehals (Jynx torquilla)
Ohne Zweifel der Publikumsliebling des Tages
Noch im letzten Jahr beklagten sich einige Besucher über die extreme Hitze bei strahlendem Sonnenschein bei über 30 °C. Dieses Problem hatten wir in diesem Jahr definitiv nicht. Bis zuletzt sorgte sich unser gesamtes Team, ob man angesichts des Regens überhaupt die Netze aufmachen und fangen könnte. Zum Glück war aber mit dem ausgerufenen Beginn um 9:00 Uhr auch das Gröbste überstanden und der Beringungsbetrieb konnte regulär weiterlaufen. Über den Tag hielt das Wetter dann erstaunlich lange und lockte speziell am Nachmittag auch den einen oder anderen Interessierten ins IKEA-Biotop.

Insgesamt war der 4. Tag der offenen Tür im IKEA-Biotop einigermaßen erfolgreich und wer kam, konnte auch einige beeindruckende Fänge bestaunen, darunter eine Lachmöwe, ein Kleinspecht, mehrere Blaukehlchen und ein Wendehals.

An dieser Stelle sei nochmals allen Helfern gedankt, die zu diesem Tag beigetragen haben! Ohne euch wäre der Tag der offenen Tür nicht möglich!


Allgemeine Ergebnisse: Früher Start der Erfassung

Der Sumpfrohrsänger (Acrocephalus palustris)
verbringt gerade einmal 3 Monate in Mitteleuropa
In diesem Jahr begann die Herbstzugerfassung bereits am 21. Juli. Dies sollte insbesondere den Zug der Sumpfrohrsänger genauer aufschlüsseln, einer der sehr früh ziehenden Arten. In den letzten Jahren lief die Brutzeiterfassung stets bis Ende Juli, erst ab August wurde mit der zeitlich intensiveren Herbstzugberingung begonnen. Zu diesem Zeitpunkt ist aber der Zughöhepunkt der Sumpfrohrsänger fast schon erreicht. Es konnte also kein verlässlicher Zeitpunkt für den Zugbeginn im Saarland angegeben werden. Ähnlich verhält es sich auch bei anderen Arten, die schon früh aufbrechen.

Gartengrasmücke (Sylvia borin)
Der Zug ins Winterquartier beginnt für sie schon im Juli
Das Ziel der Juli-Aktion lag aber auch in der Aufklärung, ob sich das Artenspektrum während des sehr frühen Zugs im Juli sich von dem im August unterscheidet. In der Vergangenheit wurde anhand großer Fangzahlen gegen Ende der Brutzeit schon vermutet, dass ein beachtlicher Teil des Zuges sozusagen "übersehen" wird. Auch die Brutzeitfänge zweier Karmingimpel 2010 und 2012 zeigten, dass mit dem Auftreten ungewöhnlicher Arten zu rechnen ist.

Was die frühe Erfassung zeigte: Große Überraschungen gab es keine, aber einige kleine. So ist der Zug bei Watvögeln wie dem Flussuferläufer und dem Waldwasserläufer gegen Ende Juli schon sehr ausgeprägt. Auch je ein Wendehals und Eisvogel wurden gefangen, die sonst erst Mitte August ihren Zug antreten.


Häufige Arten: Viele Grasmücken und späte Rohrsänger

Dorngrasmücke (Sylvia communis)
Wie die anderen Grasmücken auch frisst sie Ende August
sehr häufig an den Brombeersträuchern im IKEA-Biotop
Auffallend  waren in diesem Jahr an allererster Stelle die enormen Fangzahlen bei Dorn- und Gartengrasmücke, mit einem Rekordergebnis von jeweils über 300 Exemplaren! Insbesondere im Vergleich mit dem Mittelwert der Vorjahre sticht 2013 hervor. Die Ursachen liegen wohl in zwei Gründen: Zum Einen war der Bruterfolg 2013 für spät brütende Arten groß, da das Wetter in der zweiten Hälfte der Brutzeit sehr stabil war. Zum anderen spielt auch der Wandel der Vegetation im Biotop eine Rolle, denn gerade die sich ausbreitenden Brombeergebüsche werden von Grasmücken bei der Nahrungssuche angeflogen.

(KLICKEN ZUM VERGRÖSSERN)
Zahl der Neuberingungen für Dorn- und Gartengrasmücke pro Tag
von Ende Juli (JL3) bis Ende Oktober (OK3), in Dekaden (10-Tages-Intervalle).
Man beachte die im Verhältnis gewaltigen Zahlen Ende August (AU3)
Trotz geringerer Beringungstätigkeit: Nach 2009 und 2010 konnten erneut über 2.500 Teichrohrsänger beringt werden und der Zug ist noch nicht ganz beendet! Sogar die Rekordzahl scheint noch in greifbarer Nähe zu sein. Dies zeigt einerseits, dass der Bruterfolg in diesem Jahr offenbar recht gut war, andererseits aber auch, dass das Gebiet den Massen rastender Rohrsänger (teils über 200 pro Tag auf 5 Hektar) genügend Nahrung bietet. Der Zug der Teichrohrsänger scheint dabei im Vergleich mit den Daten der Vorjahre zeitlich etwas nach hinten verschoben zu sein, was eventuell für eine große Zahl später Bruten sprechen könnte.
(KLICKEN ZUM VERGRÖSSERN)
Zahl pro Tag neu beringter Teichrohrsänger, aufgetragen in Dekaden (10-Tages-Intervalle)
von Ende Juli (JL3) bis Ende Oktober (OK3). 2013 setzte der Zug später ein als im Mittel 2006-2012

Mittelhäufige Arten: Gewinner und Verlierer

Rekordfangzahl beim Eisvogel (Alcedo atthis)
Bisher wurden 2013 bereits 20 Exemplare beringt
Wie bereits im letzten Beitrag beschrieben ist die natürliche Sukzession (die Entwicklung der Vegetation im Biotop) ein Hauptgrund für die Veränderungen in Fangzahlen und Artenspektrum. Große Abnahmen konnten wir vor allem bei Neuntötern und Orpheusspöttern feststellen, die offene Landschaften mit einzelnen Gebüschen bevorzugen. Außer dem Neuntöter- Brutpaar und seinem Nachwuchs wurden nur wenige weitere Durchzügler gefangen. Ähnlich bei den Orpheusspöttern, der Art, die offenbar am stärksten auf die Veränderungen im Biotop reagiert.

Einen anhaltend negativen Trend sieht man bei der Rauchschwalbe, die seit Jahren immer seltener im Biotop wird. Die Schwalben suchen das Gebiet abends als Schlafplatz auf, jedoch war dieser 2013 nicht jeden Tag besetzt. Ob dies der Entwicklung des Biotops oder dem bundesweit abnehmendem Trend dieser Art geschuldet ist, bleibt offen.

Der Schilfrohrsänger, der im letzten Jahr einen Einbruch der Fangzahl um 60% zeigte, ist 2013 wieder auf den Stand der Vorjahre zurückgekehrt. Die genauen Gründe für die Entwicklung im letzten Jahr sind unklar. Vermutlich spielt auch die frühe Zugphase im Juli eine große Rolle für den Schilfrohrsänger, was die Fangzahlen dieses Jahres zeigen.

Feldschwirl (Locustella naevia)
Optisch unscheinbar, akustich unverkennbar:
Sein Gesang ähnelt den Lauten von Heuschrecken.
Steigende Trends sind vor allem bei den Arten zu erkennen, die dichtere und höhere Vegetation bevorzugen: Die Nachtigallen zeigen im Vergleich mit den Vorjahren leicht höhere Fangzahlen, der Fitis hat sogar ein Rekordergebnis erzielt (ca. 150 Beringungen). Ebenfalls Rekord-Fangzahlen stellten daneben  auch der Eisvogel (>20 Beringungen), der Wendehals, der Feldschwirl und das Blaukehlchen auf. Insbesondere bei letzterer Art spielt dabei aber wahrscheinlich auch die bundesweite Bestandsentwicklung eine Rolle, die in den letzten Jahren sehr positiv ist.

Erfreulich ist 2013 auch die Bilanz bei Teich- und Wasserrallen. Durch den niedrigen Wasserstand konnten diese Bodenbewohner, die öfter laufen als fliegen, besonders häufig gefangen werden. Gerade die späten Bruten scheinen dabei sehr erfolgreich gewesen zu sein, was der hohe Anteil noch nicht ausgewachsener Jungvögel belegt.


Seltene Arten: Wieder Zwergdommeln und Tüpfelrallen auf dem Herbstzug!

Vorab sei gesagt: Extreme Raritäten sind in diesem Jahr bislang leider keine aufgetreten, dennoch gab es einige äußerst interessante Fänge bei den Arten, die im Biotop nur selten gefangen werden.
Juvenile Zwergdommel (Ixobrychus minutus)
Erst die 3. Beringung dieser Art im IKEA-Biotop.
Man beachte die vereinzelten Flaumfedern in Kopf- und Körpergefieder
Der bemerkenswerteste Fang bestand in gleich 2 Zwergdommeln, der kleinsten einheimischen Reiherart. Die eine - ein Jungvogel - zeigte noch einige Flaumfedern im Gefieder, die Vermutung liegt daher nahe, dass dieser Jungvogel einer nahe gelegenen (übersehenen) Brut entstammt, was für das Saarland ein wertvoller Nachweis wäre! Die andere, ein adultes Weibchen, ist uns bereits sehr gut bekannt: Sie wurde 2010 beringt und tauchte auch 2011 bereits zur Zugzeit wieder auf. In diesem Jahr blieb sie für mehrere Wochen im Gebiet und wurde desöfteren gefangen. Ihr Gewicht hat sie dabei innerhalb weniger Tage um ca. 50% erhöht, ein Indiz für ein gutes Nahrungsangebot. Eine solche Standorttreue bei der Rast der Zwergdommel (außerhalb ihres eigentlichen Brutgebiets) ist unseres Wissens in der Form noch nicht festgestellt worden.

Tüpfelralle (Porzana porzana)
Nach 2010 endlich wieder Nachweise beim Herbstzug!
Ebenfalls erfreulich: Die Tüpfelralle ist nach 2010 endlich wieder auf dem Herbstzug nachgewiesen worden - und das gleich in Rekordzahl: Ganze 5 Jungvögel wurden gefangen und beringt. Dieser Bodenbewohner brütet nicht im Saarland und wird nur selten rastend beobachtet. Der Großteil der Nachweise der letzten Jahre, meist 1-2 jährlich, gelang unserem Team durch Fang und Beringung. Dass im IKEA-Biotop aber ein so reger Durchzug der Tüpfelralle herrscht, hätten auch wir nicht vermutet.


Aus saarländischer Sicht selten: Auch der Rohrschwirl war 2013 mit 5 Fängen während des Herbstzugs wieder vertreten. Diese und die beiden während des Frühjahrszugs gefangenen Rohrschwirle sind gleichzeitig laut ornitho.de die einzigen im Saarland beobachteten Vertreter ihrer Art im Jahr 2013. Definitiv eine Art, die ohne die Beringungstätigkeit übersehen bliebe.

Flussuferläufer (Actitis hypoleucos)
Im Saarland kein Brutvogel, nur auf dem Zug zu sehen
Eine echte Überraschung in diesem Jahr sind die Fangzahlen bei Limikolen (Watvögeln), allen voran ganze 7 Flussuferläufer. Vor 2013 gab es gerade mal 2 Fänge dieser Art! Ebenfalls überraschend: Unter ihnen war ein beringtes Exemplar, das mit einem Ring der Vogelwarte Stockholm gekennzeichnet wurde. Woher genau der Vogel stammt, erfahren wir aber leider erst mit Zeitverzögerung. Angesichts der wenigen Gesamtfänge dieser Art aber sehr spannend!


Schlusswort: Noch ist vieles drin...

Die bisherige Beringung 2013 war erfolgreich, aber brachte noch keine extremen Besonderheiten, wie in manch einem der Vorjahre. Doch die zweite Zughälfte ist berüchtigt für Irrflügler aller Art, die z.B. einfach in die falsche Richtung fliegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Sibirische Arten in Mitteleuropa auftauchen. Gerade die bei Tag ziehenden Rohrammern (Ende September bis Ende Oktober) sind häufiger mit nordischen Seltenheiten vergesellschaftet. Insofern heißt es einfach dran bleiben!

Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch

29.08.2013

Ankündigung: Tag der offenen Tür 2013


 Anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Beringungsstation "Mittleres Saartal" möchten wir Sie einladen zu unserem 4. Tag der offenen Tür:

Am Sonntag, den 08. September 2013, von 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr

An der Beringungsstation „Mittleres Saartal“, Im Hader, Saarlouis-Lisdorf
hinter dem IKEA-Komplex, an der Lieferantenzufahrt. Parkmöglichkeiten bestehen direkt vor Ort bzw. auf den Parkplätzen von IKEA.

Programm:
- Beringungsvorführungen um 09:00 Uhr, 11:00 Uhr und 14:00 Uhr
- Geführte Exkursionen „rund ums Biotop“ um 12:30 Uhr und 15:00 Uhr

- Gelegenheit zum Blick ins IKEA-Biotop auf unserem Aussichtsturm


Für das leibliche Wohl ist wie immer bestens gesorgt:
Neben Getränken bieten wir Kaffee & Kuchen sowie verschiedene Grillwürstchen an.

Der Eintritt und die Teilnahme an Vorführungen und Exkursionen sind natürlich kostenlos.

Mehr Informationen:


 Tag der offenen Tür 2012
Beringungvorführung
Seit nunmehr fünf Jahren ist die Beringungsstation "Mittleres Saartal" in Saarlouis-Lisdorf in Betrieb. In diesem Zeitraum sind vor Ort etwa 50.000 Vögel von über 100 verschiedenen Arten gefangen, beringt und wieder frei gelassen worden.

Die rein ehrenamtlichen Mitarbeiter, die zur Herbstzugzeit von August bis Oktober oftmals von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang vor Ort sind, leisten mit ihrem Einsatz einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen Ornithologie. Neben dem lokalen Monitoring, also der kontinuierlichen, langfristigen Erfassung des Vogelbestands im Gebiet, werden die an der Station erhobenen Daten auch in überregionalen Projekten verwendet, z.B. zur Aufklärung von Zugrouten. Bei dieser Arbeit können alle Besucher am Tag der offenen Tür gerne zuschauen und hautnah miterleben, wie vielfältig und faszinierend unsere Vogelwelt ist.

Bekassine (Gallinago gallinago)
gefangen am Tag der offenen Tür 2012
Wir bieten Ihnen mehrere Beringungsvorführungen an, bei denen sie neben Wissenswertem zur Beringung und den einzelnen Arten auch die Möglichkeit erhalten, verschiedenste Vögel aus nächster Nähe zu sehen. In den letzten Jahren waren dabei stets auch einige Highlights zu bestaunen.

Gelegenheit zum Blick in das 5 Hektar große Gebiet haben Sie von unserem Aussichtsturm, der allen Besuchern offen steht. Zusätzlich bieten wir zwei kurze Exkursionen "ums IKEA-Biotop" und zur Schleuse Ensdorf an, bei denen wir Ihnen das Gebiet, das naturräumliche Umfeld und natürlich auch die Bewohner des Biotops vorstellen möchten. Das IKEA-Biotop, inmitten des Saartals gelegen, bietet eine reichhaltige Artenvielfalt - nicht nur der Vogelwelt - auf engstem Raum. Wir möchten Ihnen zeigen, warum diese grüne Oase inmitten von Industrie, Gewerbe und Siedlung so erfolgreich ist.

Über Ihr Kommen würden wir uns sehr freuen, wir hoffen auf viele Interessierte, gute Gespräche und wie immer viele spannende Fänge!

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch & Rolf Klein

22.07.2013

Brutzeiterfassung 2013


Grauspecht (Picus canus), Weibchen, die 110. im IKEA-Biotop beringte Art
Die Brutzeit 2013 ist für viele Arten abgeschlossen und auch wir haben unsere Erfassung des Brutvogelbestands im IKEA-Biotop beendet. Wie in jedem Jahr wurde pro 10-Tage-Intervall ("Dekade") eine Beringungsaktion durchgeführt, bei der ab Sonnenaufgang über 6 Stunden gefangen wurde. Diese Intensität entspricht der Empfehlung der Vogelwarte, um dem Brutvogelbestand vor Ort keinen Schaden zuzufügen und dennoch eine möglichst genaue Bestandsermittlung zu gewährleisten.

Ausgerechnet am letzten Erfassungstag wurde "zur Belohnung" eine neue Art für das IKEA-Biotop nachgewiesen und konnte auch gefangen und beringt werden: Der Grauspecht. Dieser Laubwaldbewohner, der nur in Ausnahmefällen außerhalb der Wälder anzutreffen ist, wurde völlig überraschend in einem der Auwaldbereiche gefangen. Die Artenzahl im Biotop steigt damit auf 170, davon 110 Arten, die auch beringt werden konnten.



Das Wetter - von Hagelsturm bis Sonnenschein 

Blick vom Beobachtungsturm ins IKEA-Biotop
Nach dem Rekordwinter 2012/13, der auch im IKEA-Biotop der Vogelwelt zu schaffen machte, zeigte sich das Wetter in der Kernbrutzeit erneut von seiner hässlichen Seite. Der Mai brachte im Saartal in kurzer Zeit enorme Regenmengen und im Juni gab es zwei orkanartige Stürme mit Hagel und Starkregen, bei denen sogar einzelne Bäume im Biotop umgestürzt sind. Die Auswirkungen auf den Bruterfolg können im Augenblick noch nicht vollständig abgeschätzt werden, sicher ist aber, dass manche Arten einen Brutverlust oder Teilverluste hinnehmen mussten. Während des Herbstzugs wird man dann spätestens sehen, ob diese auch deutschlandweit ähnlichen Verhältnisse einen signifikanten Einfluss haben.
Als Kontrast zu diesen stürmischen Zeiten war der Juli ein extrem sonniger und trockener Monat mit sehr stabilem Wetter, was vielleicht für Spätbrüter positive Auswirkungen hat. Wenn sich diese Bedingungen bis zur Zugzeit nicht ändern, ist das Gebiet mit dem aktuell niedrigen Wasserstand außerdem prädestiniert für die Rast von Watvögeln.



Erste Ergebnisse - Biotopentwicklung und ihre Folgen

Eine kleine Randnotiz vorab:. Neben diesen Ergebnissen werden im Rahmen der Brutzeitberingung auch Gesangsaktivität und Beobachtungen nicht gefangener Brutvögel erfasst, was einen noch genaueren Einblick in Reviere und Brutgeschehen ermöglicht. Dabei zeigt sich vor allem ein großer Trend: Die natürliche Entwicklung der Vegetationsstruktur (Sukzession)  hat gerade im Vergleich mit dem letzten Jahr große Auswirkungen auf das Artenspektrum der Brutvögel.

Orpheusspötter (Hippolais polyglotta)
Für die Orpheusspötter im IKEA-Biotop ist die aktuelle Entwicklung ungünstig. Die wärmeliebenden Vögel bevorzugen halbhohe Hecken und Gebüsche, die meist in einem Zwischenstadium der Sukzession auftreten. Nachdem in den Vorjahren stets mindestens 4 Brutpaare festgestellt werden konnten, ist der Bestand in diesem Jahr um die Hälfte zurückgegangen. Der Orpheusspötter, der erst ab Mitte der 1980er Jahre von Südwesten nach Deutschland eingewandert ist, ist bundesweit selten und in seinem Vorkommen auf Südwestdeutschland beschränkt. Das Saarland beherbergt dabei den Großteil des deutschen Brutbestands.

Goldammer (Emberiza citrinella), links W, rechts M
Während dieser Trend von uns kritisch beobachtet wird, hat er einer Art doch genutzt. In diesem Jahr besteht starker Brutverdacht für den Neuntöter. Im Randbereich des IKEA-Biotops hat der "Greifvogel unter den Singvögeln" wohl sein Nest in einer großen Brombeerhecke gebaut. Leider konnte der Verdacht (noch) nicht durch weitere Fänge oder Beobachtungen bestätigt werden. Neuntöter erbeuten große Insekten und sogar kleine Mäuse, die sie ähnlich einer Vorratskammer auf Dornen oder Stacheldraht aufspießen.

UPDATE 04.08.2013: 
Das Neuntöter-Paar konnte Ende Juli mit frisch ausgeflogenen Jungen fütternd beobachtet werden, das Weibchen und mindestens ein Jungvogel der Brut konnten auch gefangen und beringt werden. Dies bedeutet den Brutnachweis für den Neuntöter im Gebiet!
 
Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus)
Im Zuge der Biotopentwicklung ist es von großer Wichtigkeit, dass die Spezialisten des IKEA-Biotops nicht negativ beeinflusst werden. Viele von ihnen sind auf spezielle Lebensräume innerhalb des Feuchtgebiets angewiesen und reagieren schnell auch auf kleinste Veränderungen. Gerade in diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass auch 2013 wieder zwei singende Drosselrohrsänger festgestellt wurden. Auch wenn diese im Saarland seltenen Schilfbewohner wie auch 2012 erneut unverpaart blieben und nicht brüteten, zeigt die Anwesenheit eines Männchens von Mai bis Anfang Juli doch, dass das Gebiet zumindest für diese Art noch hervorragend geeignet ist.



Highlights der Brutzeit - Grauspecht & Watvögel

Sperber (Accipiter nisus), Männchen
Neben den üblichen Verdächtigen gab es in diesem Jahr die eine oder andere kleine und große Überraschung. Den Anfang machten ein Rohrschwirl Anfang Mai, sowie ein zweiter Zwergtaucher Ende Mai, nachdem dieses Jahr auf dem Frühjahrszug der erste Fang seit 1999 gelang. Für den Zwergtaucher bestand kurzzeitig Brutverdacht, vermutlich verhinderte das widrige Wetter im Mai und Juni aber eine Brut im IKEA-Biotop.

Der Höhepunkt des Monats Juni war ein adultes Sperber-Männchen, das bei der Jagd ins Netz ging. Diese Greifvögel jagen überwiegend Kleinvögel und gehen dabei auch manchmal in die Netze. Zum letzten Mal war dies 2010 der Fall, damals gab es sogar drei Fänge dieser Art über das gesamte Jahr.


Der Juli schließlich war neben dem Erstnachweis des Grauspechts geprägt von Watvögeln, den sog. Limikolen. Der Herbstzug für einige Arten in dieser Artengruppe beginnt schon ab Mitte Juni. Wir konnten seitdem mit 1 Waldwasserläufer und 3 Flussuferläufern so viele fangen wie in keinem Jahr zuvor - das heißt, bisher! Der Limikolenzug erstreckt sich noch geraume Zeit und der Wasserstand ist günstig.

Waldwasserläufer (Tringa ochropus)

Ausblick - Vorfreude auf den Herbstzug


Das war also wieder die Brutzeiterfassung, doch diese geht nahtlos über in die Herbstzugberingung, die in diesem Jahr testweise schon eine Woche früher startet. Gerade die Zeit Ende Juli ist für manche Arten schon Hauptzugzeit, allerdings wurde in der Vergangenheit häufig erst Anfang August beringt. Ob das ein Fehler war und welche Überraschungen es noch geben wird, sehen wir dann in den nächsten Wochen.



Anhang - Statistik

(vgl. auch 2012)
Die Unterschiede in Fangzahlen begründen sich durch mehr Termine im letzten Jahr, als Anfang Mai noch außerplanmäßige Fangtage zur Erfassung des späten Frühjahrszugs angesetzt wurden. Außerdem wurde der letzte planmäßige Julitermin sehr spät durchgeführt, so dass bereits reges Zuggeschehen herrschte. Die absoluten Zahlen können somit nicht als Indikator für ein gutes oder schlechtes Brutjahr genutzt werden, die Rohdaten müssen noch genauer ausgewertet werden.


Nicht gefangene Brutvogelarten:

Teichhuhn - sichere Brut
Blässhuhn - sichere Brut
Stieglitz - Brutverdacht im Umfeld


16.04.2013

2013 - Was bisher geschah...

Hallo zusammen!

Waldohreule (Asio otus), Männchen - Die 109. von uns beringte Art!
Auch 2013 wird an der Beringungsstation natürlich wieder so gut es geht das Geschehen der Vogelwelt überwacht und die Wintergasterfassung sowie die erste Hälfte der Frühjahrszugerfassung sind bereits Geschichte.


Wintergasterfassung - Wenig Zeit, viele Finken
 
Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes), Männchen.
Diese Art wurde 2012 in Rekordzahl beringt
Über den Jahreswechsel 2012/13 wurde leider nur sporadisch beringt, zum einen wegen der kalten Witterung, zum anderen aber auch wegen Zeitmangels.
Was bei den wenigen Terminen jedoch deutlich wurde: Die typischen Wintergäste waren auch in diesem Jahr wieder anwesend, vor allem die Finken: Erlenzeisige (Carduelis spinus),  Buchfinken (Fringilla coelebs) und allen voran die Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) erreichten gute Fangzahlen.


Von Zugstau und Kälteflucht - der Frühjahrsanfang aus ornithologischer Sicht

Dieses schöne Wetter ließ lange auf sich warten...
Vor allem der Beginn des Frühjahrszugs ist in diesem aus meteorologischer Sicht herausragenden Jahr auch ornithologisch überaus interessant verlaufen: Die lange Kälte- und Frostperiode mit Nordostwind bis in den April zwang zahlreiche Vögel auf ihrem Zug zu einer mitunter mehrere Wochen andauernden Rast in Gebieten, die normalerweise schnell überflogen werden. Dieses als Zugstau bekannte Phänomen wurde allerorts durch große Ansammlungen Sing-, Rot- und Wacholderdrosseln (Turdus philomelos, T. iliacus, T. pilaris) sowie Kiebitzen (Vanellus vanellus) sichtbar, unter die sich die sonst im Saarland seltenen Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) in enormer Häufigkeit gemischt hatten. Wieder andere Arten wie z.B. Kraniche (Grus grus) und Rotmilane (Milvus milvus) kehrten sogar ihre Zugrichtung um und flogen in Richtung Süden zurück, was als "Kälteflucht" bezeichnet wird.


Blaukehlchen und Laubsänger - Massenrast!

Blaukehlchen (Luscinia svecica), Männchen.
Während die Ereignisse unter den Großvögeln von Ornithologen saarlandweit einfach zu verfolgen waren, spielten sich auch in der Kleinvogelwelt im Verborgenen ähnliche Szenen ab: Der Zugstau zeigte sich im IKEA-Biotop besonders bei den sonst eher seltenen Blaukehlchen (Luscinia svecica), von denen bislang 30 Exemplare beringt und ein Weibchen mit spanischem Ring gefangen werden konnten. Dies sind für den Frühjahrszug nie dagewesene Dimensionen, in den Vorjahren wurden lediglich einzelne Blaukehlchen im Frühling nachgewiesen.


Auch bei den häufigen Zilpzalpen (Phylloscopus collybita) war die Fangzahl stark erhöht, bisher konnten 316 Exemplare beringt werden, darunter ganze vier Vertreter der nordöstlichen Unterart abietinus. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr 2012 wurden insgesamt 224 Zilpzalpe gefangen. Bei ihrem nahen Verwandten, dem Fitis (Phylloscopus trochilus), zeigte sich ein ähnliches Ausmaß: Bisher 81 Fitisse 2013 gegenüber 39 Exemplaren 2012.

Fitis (Phylloscopus trochilus, l.) und Zilpzalp (Ph. collybita, r.) im Vergleich.
Der Fitis wirkt etwas heller, hat hellere Beine und einen definierten Überaugenstreif.


Alle Vögel sind schon da...

Feldschwirl (Locustella naevia)
mit den für die Familie der Schwirle
typischen, langen Unterschwanzfedern.
So lange die Phase des Zugstaus auch dauerte, so schnell war sie vorüber. Bereits mehrere Feldschwirle (Locustella naevia) wurden gefangen, der früheste davon am 08. April - nach den in ornitho.de vorliegenden Daten wohl der Erstnachweis 2013 für Deutschland. Mit dem schönen Wetter der letzten Tage sind dann alle typischen Arten dieser Zugphase ins IKEA-Biotop zurückgekehrt: Drei Rohrsängerarten, Teich-, Schilf- und Drosselrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus, Acr. schoenobaenus, Acr. arundinaceus) konnten 2013 schon beringt werden, ebenso drei Vertreter der Grasmücken: Mönchs-, Dorn- und Klappergrasmücke (Sylvia atricapilla, S. communis, S. curruca) und mit Rauch- und Uferschwalbe (Hirundo rustica, Riparia riparia) auch schon zwei Schwalbenarten.


Highlights - Ein alter Bekannter und zwei neue Arten

Unter den herausragenden Fängen des noch jungen Jahres ist ein Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis) zu nennen. Dieser "alte Bekannte" wurde zum ersten und einzigen Mal vor 14 Jahren, 1999, von Lothar Hayo im IKEA-Biotop beringt. Seitdem wird die Art zwar fast alljährlich beobachtet, aber ging nie wieder ins Netz - bis zu diesem Jahr.

Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis) - Seit 1999 nicht mehr im Netz.
Mit dem Einflug der Goldregenpfeifer im März trieb es einen Vertreter seiner Art auch ins IKEA-Biotop, wo er einen Tag lang bei Schnee und Kälte rastete. Der Goldregenpfeifer ist damit die 168. Vogelart, die im IKEA-Biotop nachgewiesen werden konnte.

Ein Erstnachweis einer Art im Gebiet ist bereits bemerkenswert, zwei hingegen sind sensationell - zumal die zweite Art so gar nicht ins Biotop passt: Eine Waldohreule (Asio otus) konnte vollkommen überraschend gefangen und beringt werden. Es ist ungeklärt, woher das imposante Tier stammt oder ob es in der Nähe vielleicht sogar einen Brutplatz gibt, sicher ist nur, dass die Eule in den frühen Morgenstunden wohl bei der Jagd ins Netz ging. Sie ist damit die 169. Art des IKEA-Biotops und die 109., die von uns beringt wurde.


Mit diesen bisher überaus positiven Ergebnissen freuen wir uns auf das Beringungsjahr 2013, in dem hoffentlich noch weitere Überraschungen auf uns warten.


Im Namen des Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch

09.01.2013

Herbstzug 2012 - die 2. Zughälfte

Hallo und frohes neues Jahr an alle Leser!

Nach 2010 auch 2012 wieder gefangen: Eine Rotdrossel (Turdus iliacus)
Wie schon mehrfach versprochen hier die Zusammenfassung der 2. Zughälfte (Mitte September bis Ende November) inklusive der noch ausstehenden Monatszusammenfassung. Den entsprechenden Beitrag zur 1. Zughälfte finden Sie hier.


Allgemein: Aus wenig Zeit viel herausgeholt

Die zweite Hälfte Herbstzug war 2012 deutlich besser zeitlich abgedeckt als die ersten beiden Monate, dennoch war der Stationsbetrieb weit von dem Maß der Jahre 2009 und 2010 entfernt. Da eigentlich jeder in unserem Team mittlerweile berufstätig ist und nicht mehr die berühmten Semesterferien hat, mussten wir zeitlich doch Einschnitte machen. Aber wann immer es sich einrichten ließ, wurde doch mal einen Vormittag oder auch abends mal beringt. Da jedoch in den wenigsten Fällen ganztägig beringt wurde, kann dies die erhobenen Daten etwas verfälschen, doch dazu später mehr.

Immerhin ein Bergfink (Fringilla montifringilla)
konnte 2012 auf dem Herbstzug beringt werden
Das Wetter war besser als im Vorjahr, so war der Wasserstand lange Zeit recht günstig und die Zugbedingungen an manchen Tagen sehr gut, mit einem besonders hohen Aufkommen am 10. Oktober. Eine beständige Wetterlage um diese Zeit ließ aber den in anderen Jahren häufiger auftretenden "Zugstau" ausbleiben: Bei instabilem Wetter bleibt der Vogelzug an manchen Tagen fast ganz aus und konzentriert sich auf die Tage mit guten Bedingungen.

Erfreulich in die hohe Zahl der gefangenen Arten mit 76, was das drittbeste Ergebnis aller Jahre ist und um ganze 11 Arten höher liegt als noch 2011. Desweiteren kam mit der Feldlerche die bislang 108. beringte Art für das IKEA-Biotop hinzu, bei allen Lerchenaktionen kamen insgesamt 72 Fänge dieser Art zusammen.


Häufige Arten: Abnahme bei der Rohrammer?

Rohrammern (Emberiza schoeniclus) (l.) sind 2012 weniger häufig
gefangen worden als im Mittel 2006-2011. (KLICKEN ZUM VERGRÖSSERN)
In jedem Jahr stehen die vier stärksten Arten eigentlich schon fest, mit dem Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus), der Rohrammer (Emberiza schoeniclus), dem Rotkehlchen (Erithacus rubecula) und der Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla). Dies war auch 2012 nicht anders, allerdings gab es bei den Rohrammern einen großen Einbruch in den Fangzahlen, so dass diese Art zum ersten Mal seit Beginn der Beringung im IKEA-Biotop nur auf dem vierten Platz landet. Ursache für diese Entwicklung könnte entweder ein schlechtes Brutjahr sein (was sich bei uns vor Ort ganz ähnlich andeutete), oder es könnte ein Methodikproblem vorliegen: Rohrammern sind typische Tagzieher, die zwischen Sonnenauf- und -untergang mehr oder weniger den ganzen Tag unterwegs sind und an geeigneter Stelle zwischendurch kurz rasten. Weil wir aber häufig nicht ganztägig vor Ort waren, sind aus diesem Grund wohl auch zahlreiche Rohrammern einfach nicht erfasst worden, denn gerade an guten Tagen können über 100 Exemplare an einem Tag zusammenkommen. Aufschluss kann an dieser Stelle also nur der Vergleich mit den Daten anderer Beringergemeinschaften geben.
  

Mittelhäufige Arten: Licht und Schatten

Grund zum Jubeln: Rekordjahr bei Gimpeln (Pyrrhula pyrrhula)
Von den späten Ziehern gibt es erfreuliche Zahlen insbesondere bei Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), Kernbeißern (Coccothraustes coccothraustes) und Gimpeln (Pyrrhula pyrrhula), von denen die letzten beiden Arten sogar in Rekord-Häufigkeit auftraten. Auch Erlenzeisige (Carduelis spinus), typische Invasionsvögel, waren häufig vertreten im IKEA-Biotop.

Den umgekehrten Trend bemerkten wir vor allem bei Beutelmeisen (Remiz pendulinus), mit lediglich 16 beringten Individuen. Dies ist das niedrigste Ergebnis seit Beginn der systematischen Beringung 2006. Ursache könnte analog zu den Rohrammern auch das vermehrte Auftreten der Beutelmeisen in der Mittagszeit sein, die von uns kaum abgedeckt wurde, oder aber in Veränderungen in Biotop bzw. Bestand zu begründen sein. Gerade die von Beutelmeisen oft aufgesuchten Rohrkolbenbestände sind im IKEA-Biotop in den letzten Jahren stark zurückgegangen.


Highlights: Taiga-Birkenzeisig, sonst nix...

Männchen des Taiga-Birkenzeisigs (Carduelis [flammea] flammea)
Nachdem in den letzten Jahren doch eigentlich immer ein echtes Jahreshighlight zu vermelden war, wurde 2012 lediglich ein mehr oder weniger besonderer Fang gemacht, mit einem Taiga-Birkenzeisig (Carduelis [flammea] flammea). Diese Unterart des Birkenzeisigs, die in Nordeuropa brütet, überwintert zwar alljährlich in Deutschland, aber kommt nur in den wenigsten Jahren Jahren so weit südlich vor, dass man sie auch im Saarland beobachten kann. Dieser Fang war entsprechend auch eine positive Überraschung und ein Erstnachweis der Unterart für das Gebiet.


Phänologie: Keine Extremwerte doch so mancher Unterschied

Vom zeitlichen Verlauf des Zuges her gab es wenige Überraschungen. Insgesamt waren nur sehr wenige "Nachzügler" zu vermelden, die größte Überraschung war der Fang einer sehr späten Rauchschwalbe (Hirundo rustica) im Oktober.
Bei einigen Arten ließ sich eine mehr oder weniger starke Verschiebung des Zugs bemerken, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Besonders deutlich wurde dies bei den Mönchsgrasmücken, die 2012 etwa 10 Tage später zogen als sonst.


Phänomen: Invasionsmeisen und -drosseln

Invasion: Absolutes Rekordjahr mit etwa 450 Fängen
bei den Blaumeisen (Parus caeruleus)
Sehr bemerkenswert ist das enorme Aufkommen von Blau- und Kohlmeise (Parus caeruleus bzw. Parus major) sowie Amsel und Singdrossel (Turdus merula bzw. Turdus philomelos), die in deutlich höherer Fangzahl als im Vorjahr vorkamen. Zumindest bei den Meisen war dieses Invasionsphänomen auch von anderen Beobachtern zu verfolgen, weil die ziehenden Kohlmeisen durch einen charakteristischen Ruf in weiten Teilen Deutschlands auf sich aufmerksam machten. An unserem Standort war ein ähnliches Bild auch bei den Drosseln der Fall, insbesondere Singdrosseln waren 2012 so häufig wie nie zuvor mit 150 Fängen, das sind mehr als dreimal so viele Individuen wie im Vorjahr.

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Enorme Fangzahlen bei Meisen (l.) und Drosseln (r.) 2012
im Vergleich mit dem Durchschnitt 2006-2011

Nachtrag: Monatszusammenfassung November


Viele Grüße im Namen des gesamten Teams,
Sebastian Kiepsch