23.07.2015

Beringung "on Tour": 10 Jahre Rosseltal-Renaturierung

Hallo zusammen!

Das Rosseltal zwischen Völklingen-Ludweiler und Großrosseln
Früher wüste Landschaft, heute Naturparadies
Am 22.07.2015 feierten die RAG AG und  der NABU Saar e.V den 10. Jahrestag zum Abschluss der Renaturierungsarbeiten im Rosseltal. Auch die Beringungs-AG war mit einer mobilen Beringungsaktion beteiligt, bei der es einige spannende Fänge und viele interessierte Besucher gab. Ein Mitglied der Beringungs-AG hat eine ganz besondere Bindung zu diesem Ort: Lothar Hayo.


Das Rosseltal: "Unten am schwarzen Fluss"

Das Saarland ist traditionell von zwei Industriezweigen bestimmt worden: Kohleförderung und Stahlproduktion. Gerade der Bereich des Saartals und der umliegenden Nebenflüsse - zu denen auch die Rossel zählt - war ein Ballungsraum für Industrie. Der Bereich zwischen Völklingen, Saarbrücken und der französichen Grenze, der größtenteils bewaldet ist, wurde über die Jahrzehnte unterirdisch intensiv genutzt, um Steinkohle zu Tage zu bringen. Dabei entstanden enorme Mengen Abraums, die auf Bergehalden und in Schlammweiher abgeladen wurden. Die umliegenden Gewässer und die Natur litten über die Jahrzehnte entsprechend unter dieser Praxis, nicht selten entstanden wüste und ausgeräumte Landschaften.

Typische Auenlandschaft an der Rossel: Offene Flussbereiche,
breiter Schilfgürtel und Auwald im Randbereich
Das Bergwerk Velsen stellte die Kohleförderung 2005 ein, ab dann wurde alles daran gesetzt, den entstandenen Schaden in der Umgebung rückgängig zu machen. Der "schwarze Fluss" wurde zu einer der Lebensaufgaben von Lothar Hayo, der auch bis heute eine der Leitfiguren der Vogelberingung im Saarland ist. Mit seiner fachkundigen und engagierten Begleitung und mit großem Arbeitseinsatz im Verbund von NABU und der RAG AG wurde dem Fluss in einem Bereich von ca. 3 km Länge und 500 Metern Breite sein natürliches Gesicht zurückgegeben. Im Rosseltal ist in den vergangenen 10 Jahren nicht nur Gras über seine bewegte Vergangenheit gewachsen, sondern vor allem Schilf. Der Bereich zwischen der Grube Velsen und Ludweiler ist einer der größten zusammenhängenden Schilfbereiche im Umland. Wo einst Bagger und Maschinen unterwegs waren, fühlen sich heute Biber, Ringelnatter und Teichrohrsänger wohl.

Akteure von damals und heute (v.l.n.r):
Rolf Klein, Wolfram Dörr, Lothar Hayo und Reinhold Jost
(Der Umweltminister, nicht der Eisvogel - siehe Text!)
Die positive Entwicklung dieses Naturschutzprojektes wurde nun in einer gemeinsamen Aktion von NABU und der RAG AG gefeiert im Rahmen einer Vorführung des Projekts für Schulklassen. Natürlich waren auch einige Akteure des Naturschutzes von damals und heute mit dabei. Auch eine mobile Beringungsaktion stand auf dem Programm. Erneuter Gast war der saarländische Umweltminister Reinhold Jost.



Spannende Fänge und "Reinhold"

Was soll man von einer Beringungsaktion erwarten, bei der gerade mal ein Zehntel der Netze steht, die in der Beringungsstation normalerweise zum Einsatz kommen. Die Antwort darauf lautet: Einiges!

Da darf das Erinnerungsfoto nicht fehlen!
Junges Kleinspecht-Männchen. Eines der Tages-Highlights
In knapp 4 Stunden wurden in nur vier Netzen 26 Vögel gefangen, ein in der Relation zur Beringungsstation überdurchschnittlich starker Fang. Dies beweist die Qualität des Rosseltals als Nahrungsfläche für insektenfressende Vogelarten. Eines der Highlights für alle Beteiligten war ein junges Kleinspecht-Männchen. Der Kleinspecht ist die kleinste Spechtart Mitteleuropas und ist etwa so groß wie ein Spatz. Dennoch hackt er wie die größeren Spechte auch Höhlen in Bäume, meistens in Weichholzarten wie Weiden, Erlen und Pappeln. Auch ist er sehr anspruchsvoll an seinen Lebensraum, wo er vorkommt gibt es oft vermehrt Totholz, was auf eine naturnahe Landschaft hindeutet. 

Noch spannender war aber der Fang eines Eisvogels. Das besondere an ihm: Er wurde von uns am Tag der Artenvielfalt gefangen und beringt - aber in Saarlouis-Lisdorf. Und es wird noch kurioser! Auch damals war unser Landes-Umweltminister Reinhold Jost vor Ort. Grund genug, das junge Eisvogel-Männchen kurzerhand auf den Namen "Reinhold" zu taufen. Mit einem so spannenden Fang hatte nun wirklich niemand bei so einer kleinen Aktion gerechnet!


Schlusswort: Bleiben Sie auf Sendung!


In Lisdorf steht nun der Herbstzug unmittelbar bevor und der August wird wohl prallgefüllt sein mit Terminen und Fangtagen. Vielleicht gibt es ja auch wieder die eine oder andere Seltenheit.

Auch der diesjährige Tag der offenen Tür findet am 30.08.2015 statt. Mehr Informationen dazu gibt es Anfang August an dieser Stelle! 

Im Namen der gesamten Beringungs-AG,
Sebastian Kiepsch

02.07.2015

Kurzbericht zum Tag der Artenvielfalt 2015

Hallo zusammen!

In saftigem Grün präsentierte sich das IKEA-Biotop zum Tag der Artenvielfalt 2015
und auch das Wetter war bis auf ein kurzes Gewitter-Intermezzo durchgehend sonnig

Am vergangenen Wochenende (26.06.-27.06.) fand in Saarlouis der diesjährige saarländische Tag der Artenvielfalt statt. Die Hauptveranstaltung im Stadtpark Saarlouis wurde dabei durch die ornithologische Erfassung und die planmäßige Brutzeitberingung an der Beringungsstation "Mittleres Saartal" ergänzt. Wir möchten nun kurz Bilanz ziehen.


Tag der Artenvielfalt - Was ist das?

Der Tag der Artenvielfalt ist eine deutschlandweite Veranstaltung, die durch die Zeitschrift GEO ins Leben gerufen wurde. An zahlreichen Standorten über das ganze Land verteilt stellen Experten ihre Arbeit zur Erfassung in verschiedensten Artengruppen vor.
Auch das Saarland beteiligt sich jedes Jahr an wechselnder Örtlichkeit mit einer Veranstaltung, die von der Delattinia (der naturforschenden Gesellschaft des Saarlandes) zentral geplant und organisiert wird. In diesem Jahr wurde Saarlouis als Veranstaltungsort auserkoren, mit dem Thema "Artenvielfalt im urbanen Raum". In dieses Konzept fügt sich das IKEA-Biotop natürlich nahtlos ein, besteht die unmittelbare Nachbarschaft doch aus Industrieflächen im Osten, einer dichten Siedlung im Norden und nicht zuletzt dem Gewerbepark im Westen.


Spannendes Programm für Groß & Klein

Spannender Fang für die Kids: Ein junger Eisvogel.
Da darf das Erinnerungsfoto natürlich nicht fehlen!
Das Programm beinhaltete freitags einen Tag für die Bevölkerung, zu dem neben Schulklassen auch die breite Öffentlichkeit eingeladen war, im Rahmen von Exkursionen, Vorführungen und Ausstellungen die heimische Artenvielfalt zu erleben. An der Beringungsstation wurden insgesamt 3 Beringungsvorführungen über den ganzen Tag verteilt angeboten.  Daneben wurde für 15 besonders interessierte Kinder und Jugendliche ein Erlebniscamp im Rahmen der Initiative IQ-XXL veranstaltet. Die (sehr begeisterten) Teilnehmer schlugen in unmittelbarer Nähe zur Beringungsstation ihre Zelte auf und nahmen an den zahlreichen Wanderungen und Vorführungen teil. Natürlich war auch die Beringung ein Teil dieses Programms und die Freude war groß, dass sogar ein Eisvogel unter den Fänglingen war. Da konnte selbst das kurze Gewitter Samstag Morgen die Stimmung nicht vermiesen.


Umweltminister Jost zu Gast an der Beringungsstation

Die Gelegenheit, sich die Beringung mal ganz genau anzusehen.
V.l.n.r: Sebastian Kiepsch, Steffen Caspari (Zentrum für
Biodokumentation), Rolf Klein, Reinhold Jost

Ein wichtiger Gast fand sich am Samstag Mittag an der Beringungsstation ein: Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost besuchte anlässlich des Tags der Artenvielfalt die Station, um sich selbst ein Bild von der ehrenamtlichen Arbeit bei der Beringung zu machen. Bislang wird die Arbeit der NABU-Beringungsstation nur ideell durch das saarländische Umweltministerium gefördert, obwohl das Projekt in den letzten Jahren eine deutschlandweit beachtliche Größe erreicht hat und kontinuierlich Daten und interessante Ergebnisse geliefert hat, die auch im Rahmen des in der EU- Vogelschutzrichtlinie geforderten Monitorings Verwendung finden. Aus unserer Sicht besteht hier trotz knapper Kassen dringender Bedarf, die Situation erneut zu evaluieren und zu diskutieren, denn die Existenz der Beringungsstation hängt gerade finanziell am seidenen Faden. Es war uns daher eine besondere Freude, dass uns dieses Gespräch in näherer Zukunft zugesagt wurde.


Interessante Nachweise (auch für Experten)


Der zweite Tag der Veranstaltung ist traditionell für die Experten reserviert, die eine vollständige Aufnahme der von ihnen bearbeiteten Arten im Projektgebiet durchführen sollen. So tauchen eigentlich jedes Jahr auch einige seltenere Arten auf, die vorher an dieser Örtlichkeit noch nicht bekannt waren. Der Tag der Artenvielfalt erfüllt also auch einen Zweck in der biologischen Forschung im Saarland. Das IKEA-Biotop stand daher einen ganzen Tag für die verschiedenen Artexperten offen, die nach Herzenslust suchen, sammeln und bestimmen durften.

Totenkopfschwärmer (Acherontia atropos) - im Saarland nicht
jedes Jahr nachgewiesen, wandert nur bei günstigem Wetter
von Nordafrika und Südeuropa Richtung Norden.
Das bei uns gefangene Exemplar war sichtlich gezeichnet von
seiner Wanderung (Flügel stark abgenutzt)
Die Highlights im IKEA-Biotop waren in erster Linie auch keine Vogelarten: Den Anfang machte der Fang eines Totenkopfschwärmers am Freitag Abend, einer sehr großen Nachtfalterart, die zum ersten Mal im Biotop nachgewiesen wurde. Passenderweise wurde er in einem der Fangnetze für Vögel gefangen und von uns befreit und bestimmt. Die Schmetterlingexperten freute das trotzdem, zumal einige diese nordafrikanische und südeuropäische Art im Saarland noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Ein spannender Fund gelang samstags auch Volker John, der eine Flechtenart zum ersten Mal für das Saarland nachweisen konnte; und das an einem Baum mitten im IKEA-Biotop. Samstag Abend wurde dann auch noch die Fledermausfraktion bedient: Ein Kleiner Abendsegler verfing sich in unseren Fangnetzen, diese Art wurde vorher erst ein einziges Mal im Gebiet beobachtet.

Tannenmeise (Parus ater), Jungvogel - Als biotopsfremde
Nadelwaldart wird die Tannenmeise nur ausnahmsweise
gefangen, zuletzt war das 2010 der Fall.
Aber auch von uns Ornithologen gibt es einiges zu berichten: Herausragend waren die
Beobachtungen eines Seidenreihers und einer Schwarzkopfmöwe am Samstag, gerade die erstgenannte Art rastete erst ein einziges Mal im IKEA-Biotop. Bei der Beringung waren es vor allem die zahlreichen Eisvögel (4 Beringungen und ein Kontrollfang) und Orpheusspötter (6 Beringungen und 2 Kontrollfänge), die für Begeisterung sorgten, aber gerade der Nachweis einer Tannenmeise freute das Team der Station über alle Maßen, war es doch der erste Fang dieser Art seit 5 Jahren! Dies liegt nicht etwa daran, dass sie so selten ist (das Gegenteil ist der Fall!), sondern dass sie ausschließlich in Nadelwäldern brütet und Nahrung sucht und meist keinen nennenswerten Zug durchführt.



Fazit - Ein erfolgreiches Wochenende!

Nicht nur an den Gesichtern der Teilnehmer der Schüler-Camps war abzulesen, dass dieses Wochenende nachhaltig für die Natur begeistern konnte. Aus unserer Sicht ist der Tag der Artenvielfalt mittlerweile zu einer wichtigen Institution im Kalender geworden, gerade um der Allgemeinheit jedes Jahr auf Neue vor Augen zu führen, wofür sich Naturschützer und -forscher bei uns vor der Haustür einsetzen. Wir freuen uns schon auf den nächsten Tag der Artenvielfalt, zu dem wir sicherlich wieder unsere Netze aufschlagen.

An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an alle, die den Tag der Artenvielfalt in egal welcher Weise unterstützt haben, insbesondere natürlich an IKEA für die Verpflegung an beiden Tagen und an die Anwohner in Lisdorf für die Bereitstellung der privaten Wiese als Zeltplatz.


Im Namen des gesamten Teams der Beringungsstation,
Sebastian Kiepsch