09.01.2013

Herbstzug 2012 - die 2. Zughälfte

Hallo und frohes neues Jahr an alle Leser!

Nach 2010 auch 2012 wieder gefangen: Eine Rotdrossel (Turdus iliacus)
Wie schon mehrfach versprochen hier die Zusammenfassung der 2. Zughälfte (Mitte September bis Ende November) inklusive der noch ausstehenden Monatszusammenfassung. Den entsprechenden Beitrag zur 1. Zughälfte finden Sie hier.


Allgemein: Aus wenig Zeit viel herausgeholt

Die zweite Hälfte Herbstzug war 2012 deutlich besser zeitlich abgedeckt als die ersten beiden Monate, dennoch war der Stationsbetrieb weit von dem Maß der Jahre 2009 und 2010 entfernt. Da eigentlich jeder in unserem Team mittlerweile berufstätig ist und nicht mehr die berühmten Semesterferien hat, mussten wir zeitlich doch Einschnitte machen. Aber wann immer es sich einrichten ließ, wurde doch mal einen Vormittag oder auch abends mal beringt. Da jedoch in den wenigsten Fällen ganztägig beringt wurde, kann dies die erhobenen Daten etwas verfälschen, doch dazu später mehr.

Immerhin ein Bergfink (Fringilla montifringilla)
konnte 2012 auf dem Herbstzug beringt werden
Das Wetter war besser als im Vorjahr, so war der Wasserstand lange Zeit recht günstig und die Zugbedingungen an manchen Tagen sehr gut, mit einem besonders hohen Aufkommen am 10. Oktober. Eine beständige Wetterlage um diese Zeit ließ aber den in anderen Jahren häufiger auftretenden "Zugstau" ausbleiben: Bei instabilem Wetter bleibt der Vogelzug an manchen Tagen fast ganz aus und konzentriert sich auf die Tage mit guten Bedingungen.

Erfreulich in die hohe Zahl der gefangenen Arten mit 76, was das drittbeste Ergebnis aller Jahre ist und um ganze 11 Arten höher liegt als noch 2011. Desweiteren kam mit der Feldlerche die bislang 108. beringte Art für das IKEA-Biotop hinzu, bei allen Lerchenaktionen kamen insgesamt 72 Fänge dieser Art zusammen.


Häufige Arten: Abnahme bei der Rohrammer?

Rohrammern (Emberiza schoeniclus) (l.) sind 2012 weniger häufig
gefangen worden als im Mittel 2006-2011. (KLICKEN ZUM VERGRÖSSERN)
In jedem Jahr stehen die vier stärksten Arten eigentlich schon fest, mit dem Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus), der Rohrammer (Emberiza schoeniclus), dem Rotkehlchen (Erithacus rubecula) und der Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla). Dies war auch 2012 nicht anders, allerdings gab es bei den Rohrammern einen großen Einbruch in den Fangzahlen, so dass diese Art zum ersten Mal seit Beginn der Beringung im IKEA-Biotop nur auf dem vierten Platz landet. Ursache für diese Entwicklung könnte entweder ein schlechtes Brutjahr sein (was sich bei uns vor Ort ganz ähnlich andeutete), oder es könnte ein Methodikproblem vorliegen: Rohrammern sind typische Tagzieher, die zwischen Sonnenauf- und -untergang mehr oder weniger den ganzen Tag unterwegs sind und an geeigneter Stelle zwischendurch kurz rasten. Weil wir aber häufig nicht ganztägig vor Ort waren, sind aus diesem Grund wohl auch zahlreiche Rohrammern einfach nicht erfasst worden, denn gerade an guten Tagen können über 100 Exemplare an einem Tag zusammenkommen. Aufschluss kann an dieser Stelle also nur der Vergleich mit den Daten anderer Beringergemeinschaften geben.
  

Mittelhäufige Arten: Licht und Schatten

Grund zum Jubeln: Rekordjahr bei Gimpeln (Pyrrhula pyrrhula)
Von den späten Ziehern gibt es erfreuliche Zahlen insbesondere bei Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), Kernbeißern (Coccothraustes coccothraustes) und Gimpeln (Pyrrhula pyrrhula), von denen die letzten beiden Arten sogar in Rekord-Häufigkeit auftraten. Auch Erlenzeisige (Carduelis spinus), typische Invasionsvögel, waren häufig vertreten im IKEA-Biotop.

Den umgekehrten Trend bemerkten wir vor allem bei Beutelmeisen (Remiz pendulinus), mit lediglich 16 beringten Individuen. Dies ist das niedrigste Ergebnis seit Beginn der systematischen Beringung 2006. Ursache könnte analog zu den Rohrammern auch das vermehrte Auftreten der Beutelmeisen in der Mittagszeit sein, die von uns kaum abgedeckt wurde, oder aber in Veränderungen in Biotop bzw. Bestand zu begründen sein. Gerade die von Beutelmeisen oft aufgesuchten Rohrkolbenbestände sind im IKEA-Biotop in den letzten Jahren stark zurückgegangen.


Highlights: Taiga-Birkenzeisig, sonst nix...

Männchen des Taiga-Birkenzeisigs (Carduelis [flammea] flammea)
Nachdem in den letzten Jahren doch eigentlich immer ein echtes Jahreshighlight zu vermelden war, wurde 2012 lediglich ein mehr oder weniger besonderer Fang gemacht, mit einem Taiga-Birkenzeisig (Carduelis [flammea] flammea). Diese Unterart des Birkenzeisigs, die in Nordeuropa brütet, überwintert zwar alljährlich in Deutschland, aber kommt nur in den wenigsten Jahren Jahren so weit südlich vor, dass man sie auch im Saarland beobachten kann. Dieser Fang war entsprechend auch eine positive Überraschung und ein Erstnachweis der Unterart für das Gebiet.


Phänologie: Keine Extremwerte doch so mancher Unterschied

Vom zeitlichen Verlauf des Zuges her gab es wenige Überraschungen. Insgesamt waren nur sehr wenige "Nachzügler" zu vermelden, die größte Überraschung war der Fang einer sehr späten Rauchschwalbe (Hirundo rustica) im Oktober.
Bei einigen Arten ließ sich eine mehr oder weniger starke Verschiebung des Zugs bemerken, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Besonders deutlich wurde dies bei den Mönchsgrasmücken, die 2012 etwa 10 Tage später zogen als sonst.


Phänomen: Invasionsmeisen und -drosseln

Invasion: Absolutes Rekordjahr mit etwa 450 Fängen
bei den Blaumeisen (Parus caeruleus)
Sehr bemerkenswert ist das enorme Aufkommen von Blau- und Kohlmeise (Parus caeruleus bzw. Parus major) sowie Amsel und Singdrossel (Turdus merula bzw. Turdus philomelos), die in deutlich höherer Fangzahl als im Vorjahr vorkamen. Zumindest bei den Meisen war dieses Invasionsphänomen auch von anderen Beobachtern zu verfolgen, weil die ziehenden Kohlmeisen durch einen charakteristischen Ruf in weiten Teilen Deutschlands auf sich aufmerksam machten. An unserem Standort war ein ähnliches Bild auch bei den Drosseln der Fall, insbesondere Singdrosseln waren 2012 so häufig wie nie zuvor mit 150 Fängen, das sind mehr als dreimal so viele Individuen wie im Vorjahr.

(KLICKEN ZUM VERGRÖSSERN)
Enorme Fangzahlen bei Meisen (l.) und Drosseln (r.) 2012
im Vergleich mit dem Durchschnitt 2006-2011

Nachtrag: Monatszusammenfassung November


Viele Grüße im Namen des gesamten Teams,
Sebastian Kiepsch